Landeshauptstadt: Terroristen ohne Chance
Justizzentrum an der Jägerallee wird bis zum Frühjahr 2008 fertiggestellt
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Innenstadt - So leicht wie bisher wird es künftig dem Besucher nicht mehr gemacht, zur Göttin Justitia vorzudringen. Im neuen Justizzentrum an der Jägerallee muss er am Haupteingang Sicherheitsschleusen und einen strengen Cerberus, sprich Pförtner, passieren. Möchte er gar zur Staatsanwaltschaft, steht ihm eine zweite Prozedur dieser Art bevor. Doch, sagt Michael Grimmelt, im Zeitalter terroristischer Bedrohungen sind diese Sicherheitsvorkehrungen notwendig. In den Gerichtssälen werden die Sitzmöbel am Boden befestigt, damit niemand damit werfen kann, die Fenster sind gesichert und auf den Lichthöfen des Neubauteils wird nur eine niedrige Bepflanzung zugelassen, denn Bäume könnten zum Fluchthelfer werden. „Schwere Jungs“ warten in zehn Arrestzellen im Keller auf ihre Verhandlung und werden über eine separate Treppe dem Kadi vorgeführt.
Michael Grimmelt ist vom Brandenburgischen Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen als Projektleiter für den 45-Millionen-Bau eingesetzt. Gemeinsam mit seinem Chef, dem Potsdamer Niederlassungsleiter Lothar Wehr, führte er auf Bitten der Urania eine große Schar interessierter Potsdamer über das Gelände. Letztmals, denn nachdem bereits das Landesverfassungsgericht in das frühere Casino auf dem Hof eingezogen ist, soll im Spätherbst in den Hauptgebäuden die Staatsanwaltschaft folgen, im Frühjahr 2008 das Landgericht und Teile des Amtsgerichts. Jede Menge Endspurtstress also für Grimmelt und die Bauleute, zumal sie es nicht mit einem Allerweltsgebäude zu tun haben. Kern des Justizzentrums ist die 1826 bis 1828 durch den Baumeister Johann Georg Carl Hampel errichtete Unteroffizierskaserne, kein Geringerer als Karl Friedrich Schinkel bewertete die Entwürfe. In jüngerer Zeit spricht man deshalb gern von der „Schinkel-Kaserne“. Den Einfluss des großen Meisters zu erkennen fällt allerdings schwer, denn Anbauten in den Jahren 1865 und dann 1909/10 schädigten die Wirkung der klassizistischen Fassade ganz erheblich. Nun ist an der Hofseite für Gerichtssäle und Büros ein stattlicher Neubau aus Stahl und Glas hinzugekommen, vom historischen Teil durch einen glasüberdachten Gang abgesetzt.
Bleibt von Schinkel das Treppenhaus mit seinen dorischen Säulen. Es soll im Erdgeschoss als Durchgang auf das Hofgelände dienen. Die alten Tore werden nachgebaut. Über die umlaufenden Treppen ins Innere des Hauses zu gelangen, ist nicht mehr möglich. Im obersten Geschoss hatten die russischen Besatzer, die die Kaserne bis 1993 nutzten, das Treppenhaus so stark verfallen lassen, dass eine originalgerechte Wiederherstellung nicht mehr möglich war. Deshalb wurde hier ein Beratungsraum eingerichtet.
Mit der Denkmalpflege hat das Landesamt in allen Bauphasen eng zusammengewirkt, sagt Michael Grimmelt. So nimmt das pittoreske Hofgebäude der Büchsenmacherei nach Restaurierung die Antragsstelle des Gerichts auf, die Exerzierhalle das Verwaltungsarchiv. Die Turnhalle für die Unteroffiziere ist zwar verschwunden, aber nicht verloren . Aus den geborgenen Teilen wird sie im Gerichtskomplex Neuruppin wieder aufgebaut.
Der Kompromiss mit der Denkmalpflege schließt modernste Bedingungen für die Arbeit der Richter und Staatsanwälte ein. Endlich wird es ausreichend Verhandlungssäle geben, 18 an der Zahl mit zwischen 56 und fünf Plätzen. Die früheren Soldatenstuben für bis zu zwölf Mann sind zur Büronutzung sinnvoll und variantenreich unterteilt worden. Die Kantine im historischen Teil, von einer Küche im Keller versorgt, öffnet den Blick auf die Jägerallee. Zwei Tiefgaragen gibt es auch, eine für die Angestellten und die zweite für die Zuführung von Häftlingen. Im Hofbereich finden sich an der Geländezufahrt und der Haupterschließungsstraße sogar einige Stellplätze für Anwälte und Beobachter wie Journalisten.
Was aber wird aus den Gebäuden, in denen jetzt noch Gerichte und Staatsanwaltschaft sitzen, wurde Lothar Wehr auf dem Rundgang gefragt. Das bisherige Landsgerichtsgebäude am Nauener Tor soll künftig dem Verwaltungsgericht dienen. Damit wird das Zivilkabinetthaus Allee nach Sanssouci 2 frei, in dem die Schlösserstiftung ihre Generaldirektion unterbringen möchte. Das Amtsgericht wird nur in Teilen ins Justizzentrum umziehen und das Haus in der Hegelallee weiterhin nutzen. Die künftige Verwendung der Räume der Staatsanwaltschaft an der Heinrich- Mann-Allee wird derzeit geprüft.
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