Aus dem GERICHTSSAAL: Teures Ticket
300 Euro Geldbuße für vorbestraften Schwarzfahrer
Stand:
Der zwölfte Eintrag im Vorstrafenregister blieb Camillo C.* (53) erspart. Amtsrichterin Reinhild Ahle „wandelte“ die gegen den Radiomoderator wegen Schwarzfahrens verhängte Geldstrafe in eine Geldbuße um. Der Potsdamer war am 23. August 2012 in der Straßenbahn mit einem doppelt abgestempelten Fahrschein erwischt worden. Den wegen Erschleichens von Leistungen ergangenen Strafbefehl in Höhe von 450 Euro fand Camillo C. „realitätsfremd“. Er legte Einspruch ein. So kam es am Mittwoch zur mündlichen Hauptverhandlung. Gegen Zahlung von 300 Euro an die Staatskasse und 30 Sozialstunden wurde das Verfahren eingestellt. Weniger sei nicht drin, befand die Vorsitzende. Schließlich sei der Freiberufler massiv vorbelastet, meist wegen Alkohols im Straßenverkehr, aber auch schon wegen Betruges.
Camillo C. hatte vehement bestritten, absichtlich mit dem ungültigen Ticket gefahren zu sein. Als Person, die selten mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sei, habe er sich nichts dabei gedacht, als ihm eine Kollegin am Hauptbahnhof ihre Karte zur Weiterfahrt anbot. „Dass der Schein bereits gestempelt war, habe ich nicht gesehen. Ich hatte meine Lesebrille nicht auf“, erklärte der Angeklagte. Guten Gewissens habe er ihn nach dem Einsteigen entwertet, sei an der Haltestelle Friedhöfe von der Kontrolle überrascht worden. „Der Kontrolleur baute sich vor mir auf und brüllte, ich soll 40 Euro zahlen. Er trug keine Dienstkleidung, sondern Jeans, und hielt mir einen kleinen Ausweis unter die Nase. So ein Ding kann jeder herstellen“, mutmaßte der Moderator. „Ich war mir keiner Schuld bewusst und habe ihn gebeten, mit mir auszusteigen und die Polizei zu rufen.“ Er habe den Beamten seinen Personalausweis gezeigt, ihnen den vermeintlich ungültigen Fahrschein ausgehändigt, danach nie wieder etwas gehört. Umso erstaunter sei er gewesen, als der Strafbefehl bei ihm eintraf, so Camillo C.
Ein als Zeuge geladener Kontrolleur konnte zahlreiche Details aus dem Ticket herauslesen, das sich bei den Gerichtsakten befindet. Es wurde erstmalig in der 31. Kalenderwoche entwertet. Der zweite Stempel stammt nach seiner Aussage von der 34. Woche. Da sei der Schein nicht am Hauptbahnhof entwertet worden, sondern am Magnus-Zeller-Platz. Zudem sei der Fahrgast damit nicht nur in einer Richtung unterwegs gewesen, wie vorgeschrieben.
„Ihre Geschichte stimmt vorne und hinten nicht“, konstatierte die Richterin. „Wir können jetzt weiterermitteln. Das kostet Zeit und Geld, das Sie bei einer Verurteilung auch noch zahlen müssen.“ Die Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen sei die günstigere Alternative.
(*Name geändert.) Hoga
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