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Landeshauptstadt: Thema Nummer 1: Liebe

Mädchentreff „Zimtzicken“ wird heute 10 Jahre alt

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Innenstadt - Alissa ist in Partylaune. Sie summt und tanzt durch die Räume der „Zimtzicken“, lässt sich aufs Sofa plumpsen und knufft ihrer Freundin Jessy in die Seite. Seit einem halben Jahr geht sie nachmittags regelmäßig zum Mädchentreff am Wall am Kiez. Hinter einer unscheinbaren Tür eröffnen sich ihr auf 110 Quadratmetern gemütliche Sitzecken, Computer, Werkbänke für Holzarbeiten, einen Brennofen fürs Töpfern, eine Musikanlage, einen Sandsack und Trommeln.

„Es ist toll, soviel Freiraum zu haben, alles benutzen zu dürfen und Freundinnen zu treffen, mit denen man einfach Spaß haben kann“, sagt die 13-Jährige. Die zwei Jahre ältere Jessy nickt. „Hier kann man über alles offen reden, auch über ernsthafte Themen“, erzählt sie. Außerdem mögen sie das reichhaltige Angebot, das von Mal-, Graffiti-, Foto- und Schneiderkursen über Computer-, Tanz- und Theaterwerkstätten bis zur Arbeit an Videoclips und Skulpturen reicht.

Heute vor zehn Jahren hat das Autonome Frauenzentrum Potsdam hier seinen Mädchentreff eröffnet. Inzwischen haben die beiden Sozialpädagoginnen Wiebke Matthesius-Handorf und Vera Spatz mehrere Generationen junger Mädchen beim Erwachsenwerden begleitet. Viele Freundschaften sind hier entstanden. Zu manchen Ehemaligen, zwei davon haben inzwischen selbst Kinder, besteht noch Kontakt: „Wir verstehen uns als Partnerinnen, die zuhören, Anregungen geben und den Mädchen helfen, sich auszuprobieren“, beschreibt Matthesius-Handorf ihre Arbeit. Gespräche und Freizeitaktivitäten helfen den Mädchen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und aus traditionellen Rollenbildern, etwa bei der Berufswahl, auszubrechen. Rund 20 Mädchen, die meisten zwischen 15 und 18 Jahre alt, nutzen den Treffpunkt regelmäßig. Die jüngste „Zimtzicke“ ist acht Jahre alt, die älteste 21.

„Die Schnelllebigkeit der Gesellschaft geht auch an uns nicht vorbei“, so Matthesius-Handorf. Medien und Werbung spielten eine größere Rolle als vor zehn Jahren. Ging es damals beim Thema Sucht vor allem um Drogen und Alkohol, stehen heute Essstörungen im Vordergrund. Am wichtigsten sei aber nach wie vor das Thema Liebe, sagt Matthesius-Handorf. Verhütung, Sexualität und Gewaltprävention sind die Inhalte, mit denen die beiden Sozialpädagoginnen auch verschiedene Projekttage in Schulen gestalten. So machen sie nebenbei für ihren Treffpunkt Werbung.

Doch heute steht erst einmal die Geburtstagsfeier an, zu der die „Zimtzicken“ in monatelanger Arbeit einen großen Foto-Kalender mit Aufnahmen, Gedichten und Gedanken der Mädchen herausgebracht haben. Auch Alissa hat daran mitgewirkt. Sie strahlt vor Stolz und Vorfreude: „Hier ist man einfach nur glücklich.“ Maren Herbst

Maren Herbst

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