Aus dem GERICHTSSAAL: Ticketautomat in die Luft gesprengt Mehrfachtäter erhält Bewährungsstrafe
Ein halbes Jahr hat Mike M.* (21) jetzt Zeit zu beweisen, dass er begriffen hat, worauf es ankommt.
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Ein halbes Jahr hat Mike M.* (21) jetzt Zeit zu beweisen, dass er begriffen hat, worauf es ankommt. Das Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Doris Grützmann verurteilte den Potsdamer am Donnerstag unter anderem wegen Körperverletzung, versuchter Nötigung, Beihilfe zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und besonders schweren Diebstahls sowie unerlaubten Drogenbesitzes zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren. Es setzte die Entscheidung über Haft oder Bewährung für die Dauer von sechs Monaten aus. In diese Strafe wurde eine Verurteilung aus dem Sommer 2010 wegen ähnlicher Delikte einbezogen.
Mike M. ist von schmächtiger Gestalt. Doch gerät er in Wut – und das scheint oft der Fall –, entwickelt er ungeahnte Kräfte. So zertrümmerte er am 17. Dezember vorigen Jahres aus Verärgerung über Freundin und Mutter vier Türen der gemeinsamen Wohnung am Stern. Sachschaden: 1000 Euro. Weil seine Freundin in der Steuben-Gesamtschule geärgert worden sein soll, verschaffte sich der Klasse-Neun-Abgänger am 22. März gewaltsam Zutritt zum Pausenhof. Er griff eine Lehrerin an, die Aufsicht führte, beschimpfte sie. Ein Arzt attestierte der Frau Quetschungen an beiden Oberarmen. „Das stimmt“, räumte der Angeklagte ein. Bei der Lehrerin habe er sich persönlich entschuldigt, ihr Blumen und Schokolade überreicht. Auch die Türen repariere er gerade.
In der Nacht des 1. April – so ein weiterer Anklagepunkt – soll der Ein-Euro-Jobber mit zwei Komplizen den Fahrkartenautomaten auf dem Bahnhof Wilhelmshorst mittels einer selbstgebastelten Bombe gesprengt haben, um das Geld zu entwenden. Durch die Wucht der Explosion wurde die Frontplatte des Automaten komplett zerstört. Der Schaden liegt bei rund 20 000 Euro. In der Hartgeldkassette befanden sich 1068 Euro. „Ich habe nur Schmiere gestanden“, beteuerte der vielfach mit dem Gesetz in Konflikt Geratene. In jener Nacht habe sein Kumpel Nico N.* in Begleitung eines Mannes, den er nicht kenne, bei ihm geklingelt. „Nico hat gesagt, das ist eine todsichere Sache. Ich brauche auch nicht viel zu machen“, erzählte Mike M. „Die Bombe habe ich erst gesehen, als wir schon in Wilhelmshorst waren.“ Der Knall weckte Anwohner, die die Polizei riefen. Mike M. und Nico N. wurden gefasst. Der Dritte entkam. Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung von Mike M. entdeckten die Beamten 306,89 Gramm Cannabiskraut.
Seit Mai – so der Bewährungshelfer – habe Mike M. seinem Leben eine andere Richtung gegeben. Er habe seinem alten Freundeskreis den Rücken gekehrt, beziehe im nächsten Monat eine eigene Wohnung in Brandenburg an der Havel. Und er werde psychologische Hilfe in Anspruch nehmen, um gegen seine Aggressionen anzukämpfen. (*Namen geändert.) Hoga
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