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Aus dem GERICHTSSAAL: Tiefer Mutter-Tochter-Konflikt

Anklage schrumpfte von Misshandlung Schutzbefohlener auf Körperverletzung

Stand:

Leonie* ist gewiss kein einfaches Kind. „Seit sie auf der Welt ist, macht sie Schwierigkeiten“, stöhnt Mutter Lisa L.* (43) vor Gericht. „Sie hat ihren eigenen Kopf. Ständig muss sie im Mittelpunkt stehen.“ Derzeit befindet sich die 14-Jährige im Heim – wieder einmal. Im Sommer dieses Jahres wohnte Leonie allerdings bei ihrer Mutter. Das ging nur zwei Monate gut. Am 5. Juli kam es in der Wohnung am Schlaatz erneut zu einem Streit mit der Tochter, als diese Geld für Zigaretten forderte. In ihrer Rage soll Lisa L. dem Mädchen einen kräftigen Tritt versetzt haben. Laut Staatsanwaltschaft knallte Leonie dadurch mit dem Kopf auf eine Tischplatte, stürzte anschließend zu Boden. Der Arzt in der Rettungsstelle des St.-Josefs-Krankenhauses attestierte ihr Prellungen an Kopf, Oberkörper und linkem Knie.

„Ich habe Leonie geschubst, aber nicht getreten“, betont die wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen Angeklagte. „Sie wollte auf mich und ihre kleine Schwester losgehen. In solchen Momenten entwickelt sie ungeheure Kräfte.“ Die Tochter sei durch den Stoß gegen den Tisch gefallen, dann in einem Sessel gelandet. Von dem habe sie sich absichtlich auf den Teppich rollen lassen, erzählt Lisa L. „Danach ist sie aus dem Fenster gesprungen und zu den Nachbarn gelaufen. Die sind mit ihr ins Krankenhaus gefahren.“

„Bei der Polizei haben Sie ausgesagt: Ich trat mit dem Fuß zu, weil ich sie abwehren wollte. Ich habe sie auch als Schlampe bezeichnet, weil ich wütend war“, zitiert die Amtsrichterin aus einem Vernehmungsprotokoll. „Das haben Sie unterschrieben.“ Die vorbestrafte Hartz- IV-Empfängerin – zuletzt wurde sie 2008 wegen Misshandlung Schutzbefohlener sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, auch da ging es um Leonie – bestreitet diese Worte. „Das hat der Polizeibeamte falsch aufgeschrieben“, behauptet Lisa L.

„Wir haben Leonie nicht geladen. Es existiert aber eine dicke Familienakte. Aus der geht hervor, dass es viele Schwierigkeiten mit dem Kind gibt“, konstatiert die Vorsitzende. Inzwischen wurde der Angeklagten das Sorgerecht entzogen. Am Tattag – so der Vertreter der Staatsanwaltschaft – habe Lisa L. ihre Tochter aber nicht gequält oder roh misshandelt. Davon ging die Anklage ursprünglich aus. „Sie hat ihr einen Tritt versetzt, obwohl das Gesetz kein Züchtigungsrecht vorsieht. Das war eine einfache Körperverletzung“, stellt er klar und beantragt eine Geldstrafe von 600 Euro. Das entspricht zwei Monatseinkommen der alleinerziehenden Mutter. Das Gericht schließt sich dem an. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

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