
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Tierheim: OB pfeift Verwaltung zurück
Panne bei Entscheidung: Ein Belziger Tierschutzverein hat den Zuschlag für das neue Potsdamer Tierheim bekommen – ohne Wissen der Stadtspitze
Stand:
Die seit Jahren ohnehin verworrene Suche nach einem neuen Tierheim für die Landeshauptstadt droht im Chaos zu enden. Der Grund: Die Stadtverwaltung hat in der Vorwoche den beiden an einem Ausschreibungsverfahren beteiligten Tierschutzvereinen Bescheide geschickt, die mit der Stadtspitze nicht abgestimmt waren und offenbar auch gegen das abgesprochene Verfahren verstoßen. Wie berichtet war in den Schreiben dem Verein „Tierfreunde Berlin-Brandenburg e.V.“ aus Verlorenwasser bei Belzig der Zuschlag für das Grundstück erteilt worden, auf dem das Potsdamer Tierheim errichtet werden soll.
Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) habe erst am Samstag aus den PNN von den Briefen erfahren, hieß es. Gegenüber den PNN wollte er die Pannen am Sonntag nicht kommentieren. Er pfiff seine Verwaltung aber indirekt zurück: „Die Messen in dem Verfahren sind noch nicht gesungen“, sagte er den PNN auf Anfrage. Man befinde sich mitten im Vergabeverfahren, es müsse noch verhandelt werden – mit beiden Bietern.
Die Briefe wurden am 7. August verschickt. Dem „Tierfreunde Berlin-Brandenburg e.V.“ mit dem Tierheim Verlorenwasser wurde darin mitgeteilt, dass er den Zuschlag für das sogenannte Sago-Gelände an der Michendorfer Chaussee erhalten hat. Dem Tierschutzverein Potsdam und Umgebung (TSV) wurde mitgeteilt, dass er unterlegen sei. Der Vorsitzende des TSV, Niklas Wanke, erklärte am Sonntag, die Nachricht über den Verkauf des Sago-Grundstückes an den Meistbietenden „ist irritierend, da die Stadtverordnetenversammlung das Topthema Tierheim an sich gezogen hatte und noch keine Entscheidung getroffen hat“. Er sei froh, dass der Oberbürgermeister klargestellt habe, „dass noch keine Entscheidung gefallen sei“.
Trotz der Klarstellung des Oberbürgermeisters ist nach PNN-Informationen völlig ungewiss, wie rechtsverbindlich die Schreiben der Verwaltung sind und welche Möglichkeiten den Stadtverordneten noch zum Eingreifen bleiben. Dies soll am Montag verwaltungsintern geklärt werden, hieß es. Unklar ist auch, wer bei der Öffnung der im Rathaus eingegangenen Angebote als Zeugen zugegen war. Die Frist für die Bewerbung war am 26. Juli abgelaufen. Auch wer letztlich für den Versand der weder mit dem Oberbürgermeister noch mit Stadtverordneten abgestimmten Briefe verantwortlich ist, war zunächst unklar.
Das Tierheim Verlorenwasser war erst vor wenigen Jahren mit einer Millionen-Spende eines Potsdamer Ehepaares aus der Insolvenz gerettet worden. Es wird im Wesentlichen von einem Geschwisterpaar betrieben. Nun hat Verlorenwasser wie bereits berichtet mit 172 000 Euro 50 000 Euro mehr geboten als der TSV Potsdam. Bereits vor Ende der Vergabefrist sei durchgesickert, dass Verlorenwaser die Fundtierbetreuung der Stadt bekommt, hieß es beim 700 Mitglieder starken TSV. Die Entscheidung ist auch deshalb so brisant, weil bei der Stadt treuhänderisch 120 000 Euro an Spenden für ein Tierheim verwaltet werden. Dieses Geld würde an den neuen Tierheimbetreiber überwiesen.
Der Verein „Tierfreunde Berlin-Brandenburg“ wollte sich weder am Freitag noch am Sonntag äußern. Tierheimchef Wolfgang Aland sagte auf jede Frage lediglich: „Wir geben keinen Kommentar ab.“ Nach PNN-Informationen waren sowohl TSV als auch die Stadtspitze davon ausgegangen, dass es Nachverhandlungen zu den Konzepten und Geboten geben wird. Dies sei auch so vereinbart worden, hieß es von beiden Seiten.
Potsdam hat seit dem Jahr 2008 kein eigenes Tierheim mehr. Zuvor hatte der TSV ein Heim in Wildpark-West betrieben. Dies wurde geschlossen. Auf Antrag der Linken hatten die Stadtverordneten im April 2012 beschlossen, das derzeit leer stehende Sago-Gelände für ein Tierheim auszuschreiben. wik (mit pet)
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