Landeshauptstadt: Tierheim-Schließung nicht gestoppt
Linke ließ Chance auf Entscheidung verstreichen / Jakobs: Vertrag mit Tierschutzverein wird gekündigt
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Der Vertrag mit dem Tierschutzverein Potsdam und Umgebung e.V. (TSV) als Betreiber des Tierheims am Wildpark wird fristgerecht bis zum 30. September gekündigt. Das sagte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern den Stadtverordneten, nachdem die Fraktion Die Linke ihren eigenen Dringlichkeitsantrag mit großem Appell, aber ohne Diskussion zur weiteren Beratung in den Hauptausschuss verwiesen hatte. In dem Antrag fordert Die Linke, den Vertrag mit dem TSV nicht zu kündigen und das Tierheim am Wildpark nicht zum Jahresende zu schließen. Stattdessen soll die Verwaltung mit dem TSV weiter über einen Tierheim-Neubau verhandeln.
Dass Die Linke ihren Antrag in den Hauptausschuss verwies, hat den Potsdamer Stadtverordneten gestern die Chance genommen, die Verwaltung auf ihrem Weg zur vorläufigen Tierheim-Schließung und zur europaweiten Ausschreibung des Tierheim-Betriebs samt Neubau zu stoppen. Denn dazu hätte Die Linke ihren Antrag „zur Erledigung“ in den Hauptausschuss überweisen müssen – dort hätten die Stadtverordneten dann entschieden, bevor die Kündigungsfrist für den Vertrag mit dem TSV abgelaufen wäre. „Ich glaube, dass der Oberbürgermeister auch ohne abschließendes Votum der Stadtverordneten eine Entscheidung des Hauptausschusses umsetzt“, erklärte Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sein Agieren.
Götz Th. Friederich (CDU) dagegen sagte, wenn der Vertrag mit dem Tierschutzverein einmal gekündigt sei, könne dies nicht rückgängig gemacht werden. Dann müsse ein neuer Vertrag unterschrieben werden. Peter Schüler (Bündnis 90/ Grüne) erklärte, er habe gedacht, Die Linke wolle die Vertragskündigung verhindern. Dies sei wohl nicht der Fall, da sie an einer für die Verwaltung bindenden Entscheidung vor dem 30. September nicht interessiert gewesen sei. Er sehe ebenso wie andere Stadtverordnete ungelöste Probleme mit dem Tierschutzverein. Es gebe weder ein Finanzierungs- noch ein Betreiberkonzept für einen Tierheim-Neubau, so Schüler. Dies müsse vor einer Entscheidung geklärt sein.
Scharfenberg kritisierte in seiner Rede die Verwaltung. Lange sei alles klar gewesen, selbst in der Hauptausschusssitzung am 22. August habe Oberbürgermeister Jakobs auf die Frage, ob es etwas Neues beim Tierheim gebe, mit Nein geantwortet. Drei Tage später habe er dann in den PNN gelesen, dass die Verwaltung das Ende des Tierheims plane und die Tiere künftig in Beelitz unterbringen wolle. „Wussten Sie nichts, oder haben Sie gelogen?“, fragte Scharfenberg in Richtung des Oberbürgermeisters.
Doch die Meinungen über den Betrieb des Tierheims prallten bereits im Vorfeld der Stadtverordnetenversammlung hart aufeinander. Der Tierschutzverein war mit rund einhundert Mitgliedern vor das Stadthaus und vor den Plenarsaal gezogen, um seinem Anspruch auf den weiteren Betrieb des Tierheimes Nachdruck zu verleihen. „Es gibt keinen Grund, uns zu kündigen“, sagte der Vereinsvorsitzende Niklas Wanke. Beigeordnete Elona Müller, für das Tierheim verantwortlich, ist anderer Meinung. Das Tierheim sei zu klein, die Zwinger nicht im Sinne des Tierschutzes. Der Verein habe zu wenig getan, um eine bessere Lösung vorzubereiten. Er habe kein Konzept und keine Gespräche mit den Umlandgemeinden geführt. Das Tierheim arbeite defizitär. Als die Beigeordnete anschließend durch das Menschenspalier in den Plenarsaal ging, tönte es im Chor: „Ausschreibung für Frau Müller!“ Linke-Fraktionschef Scharfenberg erhob auch vor den Protestierenden schwere Vorwürfe gegen die Verwaltung. „Was wir erlebten, gleicht einem Tollhaus“, rief er unter dem Beifall der Demonstranten. „Die Landeshauptstadt ohne Tierheim ist nicht möglich“, sagte CDU-Kreischef Wieland Niekisch auf der Demo. Potsdam sei so groß geworden, dass es möglich sein müsse, einen Ort zur Unterbringung der Tiere zu finden. Alle Beteiligten sollten sich an einen Tisch setzen. Dem TSV versicherte Niekisch, dass die CDU ihn in der Sache – dabei betonte er das Wort „Sache“ – unterstützen werde. Doch die CDU selbst hatte die Neuausschreibung des Tierheimbetriebs mit einem Antrag ins Rollen gebracht.
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