Landeshauptstadt: Tierheim: Wollte Stadt Tierschützern kündigen?
Steckt hinter dem CDU-Antrag für die Ausschreibung des Tierheim-Betriebs die Stadtspitze? / Müller weist Vermutung zurück
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Am Wildpark - Will die Potsdamer Stadtspitze erreichen, dass das neue Tierheim in Eiche nicht unter der Trägerschaft des Tierschutzvereins Potsdam und Umgebung e.V. (TSV) gebaut wird? Diese Frage stellt sich, denn nach PNN-Informationen ist in der Verwaltung bereits Mitte März darüber gesprochen worden, den Betreibervertrag mit dem TSV für das Tierheim aufzulösen. Der angebliche Grund: „Schlechte und unzuverlässige Zusammenarbeit.“ Daher arbeite man daran, den Vertrag „gegebenenfalls aufzukündigen“ – so soll es zumindest eine Gesprächsnotiz wiedergeben, mit der eine Beratung von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der zuständigen Beigeordneten Elona Müller (parteilos) und der SPD- Stadtverordneten Hannelore Knoblich, die zugleich Vorsitzende des Tierheimbeirats ist, protokolliert wurde.
Sollten diese Informationen zutreffen, würde das den Vorstoß der CDU, ein Interessenbekundungsverfahren für den Tierheim-Betrieb zu starten, in einem anderen Licht erscheinen lassen. Der CDU- Stadtverordnete Horst Heinzel hatte den entsprechenden Antrag Mitte April gestellt, am 2. Mai stimmte in der Stadtverordnetenversammlung eine Mehrheit von CDU und SPD dem Vorschlag überraschend zu. Resultat: Das Interessenbekundungsverfahren – einer Ausschreibung ähnlich – beginnt Ende Mai. Im September sollen die Stadtverordneten beschließen, wer das Tierheim künftig betreibt. Offizielle Begründung für das Verfahren ist laut CDU-Antrag, dass die Verhandlungen der Stadt mit dem TSV zum Bau eines neuen Tierheims „über einen sehr langen Zeitabschnitt“ liefen, man aber „noch keinen entscheidenden Schritt weiter gekommen“ sei.
Steckt hinter diesem CDU-Antrag also tatsächlich das Ansinnen der Verwaltung, einen neuen Tierheim-Träger zu beauftragen? Die Beigeordnete Elona Müller wies diese Vermutung gestern zurück. Das Interessenbekundungsverfahren habe man in der Verwaltung nicht vorbereitet – es habe lediglich viele Gespräche gegeben und die Überlegung, bei einem Tierheim am neuen Standort Jugendhilfe-Träger einzubeziehen. Ein solches Konzept sei aber „unabhängig vom Betreiber des Tierheims“, sagte Müller. Sie wies zudem darauf hin, dass ein Interessenbekundungsverfahren bei der Vergabe von kommunalen Leistungen nicht unüblich sei. Die Verwaltung müsse „den besten Träger auswählen“, sie zahle schließlich dafür. Im Zusammenhang mit dem Tierheim sei die Ausschreibung „nicht schlimm“ – denn der TSV könne sich ja als „bester Träger profilieren“. Die CDU könne zudem das Ziel verfolgt haben, „Schwung in das Verfahren zu bringen“, größeren Entscheidungsdruck zu schaffen. Der TSV habe sich laut Müller bisher nicht mit einem Finanzierungs- und Betriebskonzept für den Tierheimneubau „positioniert“. Die Beigeordnete nannte es außerdem „ein großes Problem“, dass der Verein offenbar denke, die Stadt versuche in Bezug auf das neue Tierheim-Grundstück etwas zu verheimlichen. Dem sei aber nicht so: „Hier wird keiner über den Tisch gezogen.“ Sollte das städtische Grundstück am Weg nach Bornim 14 durch Altlasten verseucht sein – dafür gebe es aber „keine Erkenntnisse“ – werde die Stadt die Bodensanierung bezahlen, sagte Müller. Stünde der Aufwand dafür in keinem Verhältnis, schlage sie vor, mit dem Tierheimneubau auf das zweite mögliche städtische Grundstück auszuweichen: Es liegt an der Marquardter Straße in Fahrland und sei bereits auf Tauglichkeit geprüft.
Laut Müller soll das neue Tierheim 100 Plätze für Hunde und 135 für Katzen haben – vorausgesetzt, es werden weiterhin die Tiere aus neun Umlandgemeinden aufgenommen. Notwendig seien zudem Quarantäne- und Krankenstation sowie Hunde- und Katzenhaus. Nach grober Schätzung der Stadt würde der Neubau so drei Millionen Euro kosten. Welche weiteren Einrichtungen geschaffen würden, hänge vom Konzept des Betreibers ab. Der müsse den Neubau auch bezahlen. Die Stadt biete einen langfristigen Erbbaupachtvertrag: Für das 5,5 Hektar große Grundstück in Eiche würden monatlich 93,75 Euro Pacht fällig. Der TSV als Betreiber bekomme zudem 120 000 Euro jährlich für die „kommunale Pflichtleistung“ – die Betreuung von Fundtieren.
Bei den Mitgliedern des Tierschutzverein sind Verwunderung und Verärgerung über die Suche nach einem neuen Tierheim-Träger aber offenbar nach wie vor groß. Rund 100 von ihnen seien am Mittwochabend zur Versammlung ins Kulturhaus Babelsberg gekommen, sagte gestern TSV-Vorsitzender Niklas Wanke auf PNN-Anfrage. Sie hätten sich vorgenommen, künftig in der Öffentlichkeit deutlicher zu vermitteln, welche Leistungen der TSV im Tierheim erbringe. Viele davon seien ehrenamtlich und gingen weit über das Bezahlte hinaus. Deshalb sehe der Verein bei einem Trägerwechsel die Qualität der Betreuung in Gefahr.
Die angeblichen Vorwürfe, die Zusammenarbeit mit der Stadt sei „schlecht“ und der TSV „unzuverlässig“, wies Wanke zurück. Ebenso könne er kein zu langsames Vorgehen sehen: Eine sorgfältige Prüfung des Grundstücks für das neue Tierheim sei nötig, der Verein wolle sein Geld in den Neubau investieren und nicht in die Beseitigung von Altlasten. Da nun während des laufenden Interessenbekundungsverfahrens wohl nicht mehr verhandelt werde, sei das eher ein Zeitverlust. Ein „grobes“ Konzept zum neuen Tierheim liege der Stadt zudem seit Februar vor, so Wanke. Es sehe vor, über zehn Jahre bis zu vier Millionen Euro zu investieren, um neben dem Tierheim ein „Tierkompetenzzentrum“ zu schaffen. Nur über die Einnahmen daraus ließen sich die Kosten refinanzieren – die vertraglichen Zahlungen der Stadt für die Fundttiere würden nicht ausreichen. Außerdem brauche der Verein Finanzhilfe der Stadt für den reinen Tierheim-Teil des Neubaus – „sei es über einen direkten Zuschuss oder über erhöhte Zahlungen für die Fundtiere“, sagte Wanke.
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