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Landeshauptstadt: Tod auf Raten

Schlösserstiftung und TU Berlin starten Forschungsprojekt im Kampf gegen Klimaschäden in den Gärten

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Sanssouci - Rund 200 Jahre alt ist die Allianz-Eiche am Neuen Palais im Park von Sanssouci. Eigentlich hätte sie noch eine Lebenserwartung von mehreren Hundert Jahren. Doch ob die Eiche das schafft, ist ungewiss. „Sie sieht nicht gut aus“, sagt Gartendirektor Michael Rohde von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG). Schuld daran könnte der Klimawandel sein: Das Wetter ist heißer geworden, es regnet weniger, neue Schädlinge machen den Bäumen zu schaffen. Und die Eiche am Neuen Palais ist nicht das einzige Opfer.

Wie die von Peter Joseph Lenné (1789–1866) und weiteren Gartenkünstlern geschaffenen Parkanlagen dennoch erhalten werden können, soll nun in einem neuen Forschungsprojekt der Technischen Universität Berlin (TU) untersucht werden. Das dreijährige Vorhaben, das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit rund 350 000 Euro finanziert wird, wurde am Freitag im Schloss Glienicke an der Stadtgrenze zwischen Berlin und Potsdam vorgestellt.

Am Beispiel der Gärten der Stiftung soll dabei modellhaft erforscht werden, was für Schäden bereits zu verzeichnen sind und was dagegen getan werden kann, sagt Rohde. Bäume und Parks sollen fit gemacht werden für den Klimawandel, unter anderem mit Veränderungen bei der Bodenzusammensetzung und bei Nachpflanzungen. Für das Projekt wurden Flächen und Baumbestände in den Parks von Rheinsberg, Schloss Charlottenburg und Glienicke in Berlin sowie im Neuen Garten und im Park Sanssouci in Potsdam ausgewählt.

Ziel sei auch eine Revitalisierung alter Gehölze, sagt Projektleiter Norbert Kühn, Landschaftsarchitekt und -ökologe an der TU Berlin. Mehr als 100 000 Bäume stehen in den insgesamt rund 750 Hektar großen Parkanlagen der preußischen Schlösserstiftung in Berlin und Brandenburg. Darunter sind rund 20 000 besonders alte Bäume mit einem Stammdurchmesser von mindestens anderthalb Metern.

Diese bis zu 400 Jahre zählenden Bäume seien „der zentrale Schatz“ der Gärten, betont Kühn. Und an diesen Altbaumbeständen zeichneten sich bereits gravierende Schäden ab, sagt der Berliner Professor: „Es droht eine Verarmung der Parks, sie könnten ihren gartenkünstlerischen Wert verlieren.“ Ein Beispiel ist der Buchsbaum. Diese Art stirbt nicht nur in Sanssouci, sondern ist in allen europäischen Parks gefährdet. Schuld ist der Pilz Cylindrocladium buxicola, der vor gut zehn Jahren erstmals auftauchte und dafür sorgt, dass die befallenen Bäume ihre Blätter verlieren. An der Friedenskirche, im Marlygarten, sind die Pfeifensträucher eingegangen. Die Hortensienart fiel ebenfalls einem Pilz zum Opfer. Den Platanen wiederum setzt Splanchnonema platani zu, ein Parasit, der in trockenen, heißen Sommern besonders gut gedeiht. Er tötet die Rinde ab und verursacht Weißfäule des Holzes.

Auf einige Probleme haben die mehr als 100 Gärtner der Stiftung bereits Antworten gefunden. So wird nicht mehr im Frühjahr, sondern nur noch im Herbst neu gepflanzt, weil die Frühjahrspflanzungen die Sommer oft nicht mehr überstanden haben. Und auf Ergänzungen des Buchsbaumbestandes wird wegen des europaweiten Buchsbaumsterbens derzeit ganz verzichtet.

Stattdessen werden ähnlich aussehende Gewächse gepflanzt, zumindest vorübergehend. „Die Krux besteht darin, dass Lenné die ganzen Parkanlagen in den Sand gesetzt hat“, sagt Rohde. Nun müsse wegen des Klimawandels noch stärker dafür gesorgt werden, dass Wasser und Nährstoffe für die Bäume „nicht einfach an den Wurzeln vorbeirauschen“. Allzu radikale Veränderungen will jedoch niemand vornehmen. Denn die Gärten seien Kunstwerke und müssten wie Gemälde betrachtet werden, betont der Gartendirektor: Einfach roden und andere Bäume pflanzen, „so locker können wir das nicht machen“.

Yvonne Jennerjahn

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