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Aus dem GERICHTSSAAL: Tödliche Injektion gegen Katzenhaarallergie

Schöffengericht ging von Sorgfaltspflichtverletzung des langjährigen Hautarztes aus / 9600 Euro Geldstrafe

Stand:

Bei der ersten Spritze gegen Katzenhaarallergie in der Praxis des Potsdamer Hautarztes Dr. Hans-Joachim L. ging noch alles gut. Nach der zweiten Injektion zeigten sich bei dem unter Asthma leidenden Patienten allerdings Nebenwirkungen. Die dritte Behandlung verlief wieder problemlos. Nach einer vierten Injektion am Morgen des 14. Juni 2004 verstarb der damals 33-jährige Alexander T. – trotz sofort eingeleiteter Rettungsmaßnahmen – wenig später an einem allergischen Schock. Er hinterließ seine Lebensgefährtin und die gemeinsame dreijährige Tochter.

Gestern wurde Dr. Hans-Joachim L. (58) vom Schöffengericht wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 9600 Euro verurteilt. Es ging von einer klaren Sorgfaltspflichtverletzung des erfahrenen Mediziners aus. „Der Angeklagte hat es versäumt, vor Behandlungsbeginn eine Lungenfunktionsprüfung bei seinem Patienten vorzunehmen. Nur dadurch ist es möglich, den Schweregrad des Asthma bronchiale, an dem der Verstorbene litt, zu ermitteln“, so die Vorsitzende. „Er hat darauf vertraut, dass es schon gut gehen wird.“

Das vom Angeklagten verwendete Medikament gegen Katzenhaarallergie darf nur bei einer leichten bis mittelschweren Form von Asthma angewendet werden. Alexander T. litt offenbar an einer schwereren Erkrankung. Zudem klagte er einige Tage vor der verhängnisvollen vierten Injektion über grippeähnliche Symptome. Dies hätte für den Mediziner ein weiteres Warnsignal gewesen sein müssen, führte ein rechtsmedizinischer Gutachter aus. Die Immuntherapie hätte erst fortgesetzt werden dürfen, wenn diese Beschwerden abgeklungen seien und das Asthma vollständig unter Kontrolle gewesen wäre.

Er habe seinen Patienten mehrfach aufgefordert, einen Lungenarzt aufzusuchen, berichtete Dr. Hans-Joachim L. Diesen Rat habe er in den Wind geschlagen, vereinbarte Termine bei ihm nicht immer wahrgenommen. Er selbst sei von einer leichten bis mittelschweren Asthma-Erkrankung des Mannes ausgegangen, so der Arzt. „Durch die Katzenhaarallergie bestand Lebensgefahr bei dem Patienten. Eine Behandlung war dringend nötig.“ Am Morgen des verhängnisvollen 14. Juni 2004 habe ihm Alexander T. erklärt, es gehe ihm gut. Daraufhin habe er ihm das Medikament gespritzt. Nach zehn Minuten habe ihn die Krankenschwester darauf hingewiesen, dass der Patient Atemschwierigkeiten habe. Knapp eine Stunde kämpften Dr. Hans-Joachim L., ein im selben Haus praktizierender Internist sowie die dazugerufene Notärztin dann um das Leben des einstigen Leistungssportlers. „Als die Notärztin sagte, wir hören auf, war das der schlimmste Augenblick meines Lebens“, bekennt der Angeklagte. Heute sähe er ein, dass es falsch war, die Behandlung zu diesem Zeitpunkt fortzusetzen. Damals habe er gerade diese Therapie gewählt, weil er sie für die einzig Richtige hielt.

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