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Aus dem GERICHTSSAAL: Tödlicher Fehler bei Diagnose Notarzt verkannte Herzinfarkt

Ein Mediziner muss sich derzeit wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem kassenärztlichen Bereitschaftsarzt Peter S.

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Ein Mediziner muss sich derzeit wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem kassenärztlichen Bereitschaftsarzt Peter S. (49) vor, in der Nacht des 29. Dezember 2004 den Herzinfarkt einer 44-jährigen Potsdamerin nicht erkannt zu haben. Statt die Sportlehrerin trotz akuter Beschwerden umgehend ins Krankenhaus einzuweisen, verabreichte ihr der Notarzt lediglich Schmerzmittel. Die zweifache Mutter überlebte die Nacht nicht.

„Der Lebensgefährte der Frau rief an. Er berichtete, sie sei im Bad gestürzt. Ich riet ihm, die 112 zu rufen. Er sagte, die Feuerwehr fühle sich nicht zuständig. Sie habe ihn an mich verwiesen“, so Peter S. am ersten Verhandlungstag. Bei seinem Eintreffen in der Drewitzer Wohnung habe die Patientin über Schmerzen in Oberbauch, Schulter und Rücken sowie über Übelkeit geklagt. Er habe diese Symptome nicht eindeutig einem Herzinfarkt zuordnen können, da er von einem Sturz ausgegangen sei. „Sie erzählte, wegen Wirbelsäulenproblemen in orthopädischer Behandlung zu sein.“ Er habe zwar an eine klinische Einweisung gedacht, sich dann aber zum Warten entschieden, räumte der Angeklagte ein. Er habe ihrem Partner aufgetragen, ihn sofort anzurufen, falls sich der Zustand der Pädagogin, die nicht ins Krankenhaus wollte, verschlimmern sollte. Und er habe vereinbart, sich nach Dienstschluss sicherheitshalber selbst noch einmal telefonisch zu melden. „Ich habe diese Entscheidung leider getroffen. Hinterher weiß man es immer besser“, betonte der Arzt.

„Der Sohn rief mich. Er sagte, Mama liegt auf dem Boden, ihr ist schlecht“, erinnerte sich Thomas E. (47) im Zeugenstand. „Meine Lebensgefährtin war zwischen Flur und Wohnzimmer zusammengebrochen. Sie klagte über fürchterliche Schmerzen in der Schulter und im Rücken und konnte nicht mehr alleine laufen.“ Er habe sie auf die Couch gebettet und auf den Notarzt gewartet. Der sei nach etwa 45 Minuten eingetroffen, habe die 44-Jährige untersucht, ihr Medikamente verabreicht und versichert, am nächsten Morgen sei alles wieder gut. „Eine Krankenhauseinweisung wurde mit keiner Silbe erwähnt. Es war auch nicht die Rede davon, dass sich der Arzt noch einmal melden will. Stunden später bin ich neben meiner toten Frau aufgewacht“, schilderte der Angestellte den furchtbaren Tagesbeginn.

Herzinfarkte bei Frauen zwischen 40 und 50 Jahren seien zwar eher selten. Auch seien die Zeichen nicht so eindeutig zu erkennen wie bei Männern, betonte der zur Verhandlung geladene Rechtsmediziner. Allerdings müsse man stets die gravierendste Diagnose vor Augen haben. Obwohl die Sportlehrerin unter einer Herzleistungsschwäche litt – was erst bei der Obduktion zutage trat –, hätte ihr Leben bei sofortiger intensivmedizinischer Behandlung verlängert werden können. Ob um Stunden, Tage, Monate oder gar Jahre vermochte der Gutachter nicht zu sagen.

„Ein Überleben der Patientin wäre im Krankenhaus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erreicht worden“, bestätigte ein Herzspezialist. „Spätere Konsequenzen muss man allerdings außen vor lassen.“ Die Verhandlung wird am 12. März mit weiteren Zeugen fortgesetzt. Für diesen Tag wird auch das Urteil erwartet. Hoga

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