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Aus dem GERICHTSSAAL: Tödlicher Schuss auf Eichelhäher

Freispruch für Biologie-Lehrer / Nachbarin hatte Angeklagten angezeigt

Stand:

Es war wohl ein Eichelhäher, der zur Mittagszeit des 10. Juli 2010 am Griebnitzsee nach einem Schuss tot zur Erde fiel. Fotografiert haben die beiden Polizisten den unter Naturschutz stehenden Vogel nicht. Sie haben auch keine Ahnung, wo er geblieben ist. Der vermeintliche Schütze Walter W.* (64) – angezeigt von seiner Nachbarin Regina R., mit der er im Clinch liegt – verweigerte den Beamten den Zutritt zu seiner Wohnung in Babelsberg. Allerdings präsentierte er ihnen zwei im Keller verwahrte Luftdruckgewehre. Ob eins von ihnen die Tatwaffe war, vermochten die Ordnungshüter nicht zu sagen. Walter W. – Gymnasiallehrer für Sport und Biologie – bestritt den Todesschuss auf das taubengroße Tier am gestrigen Freitag vor Gericht energisch. Nach Abschluss der Beweisaufnahme hegte sogar der Staatsanwalt erhebliche Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten und beantragte Freispruch. Dem schloss sich die Amtsrichterin an.

„An diesem Tag habe ich die Fenster meiner Wohnung gestrichen“, berichtete Walter W. „Vom Balkon aus hörte ich, wie Regina R. drohte, mir ein Ding reinzuwürgen. Sie muss im Garten gewesen sein. Wenig später stand die Polizei vor der Tür.“ Die habe ihn dann mit dem Vorwurf konfrontiert. „Ich habe den Vogel nicht erschossen. Ich habe ihn ja nicht einmal gesehen. Die Beamten sagten, dass es ein Eichelhäher gewesen sein soll“, so der Angeklagte. „Ich saß mit meinem Lebensgefährten im Garten und blickte abwechselnd aufs Wasser und zum Balkon von Herrn W., der da schon den ganzen Tag werkelte“, erinnerte sich Regina R.* (52) im Zeugenstand. „Auf einmal hörte ich einen Knall. Dann sah ich, wie ein Vogel mit ausgebreiteten Flügeln zu Boden fiel. Ich schaute zum Balkon von Herrn W. und bemerkte einen Gewehrlauf, der hinter den Blumen auf der Brüstung verschwand.“

„Haben Sie den Angeklagten auch wahrgenommen?“, fragte der Staatsanwalt. „Und wieso sind Sie so sicher, dass es ein Gewehrlauf war?“„Ich habe eine Silhouette gesehen“ räumte die Zeugin nun ein. „Aber er hat vor Jahren schon einmal mit geschultertem Gewehr im Garten gestanden.“

„Es war die erste Woche meines Praktikums“, begründete Polizist Florian F.* (24) seine gute Erinnerung an jenen Einsatz. „Wir erhielten die Information, jemand steht auf dem Balkon und schießt mit einem Luftgewehr auf Tiere, speziell auf Vögel.“ Auf einer Wiese habe er das tote Tier gefunden und „nach objektiven Verletzungen untersucht“. Es könnte durchaus vom Balkon des Angeklagten getroffen worden sein“, mutmaßte der Polizeizeuge. „Es ist möglich, dass Walter W. der Schütze war. Beweisen lässt es sich allerdings“, befand das Gericht. (*Namen geändert.) Hoga

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