Landeshauptstadt: „Topfit“ nach Minus 180 Grad
Vortrag von Prof. Maschmeyer im Klinikum über Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation
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Was Knochenmark- und Blutstammzellen sind – und was sie nicht sind, klärte gestern Prof. Dr. Georg Maschmeyer in einem gut besuchten Vortrag im Klinikum „Ernst von Bergmann“ auf. Der Leiter der Klinik für Hämatologie und Onkologie erklärte, diese hätten nichts mit den vielerwähnten embryonalen Stammzellen zu tun, deren Gewinnung ethisch problematisch ist. Vielmehr sind sie „pluripotente“ Vorläuferzellen, aus denen die verschiedenen Blutzellen entstehen können. Die Medizin nutzt sie, um insbesondere Krebserkrankungen wie etwa Leukämien – Erkrankungen des blutbildenden Systems – zu heilen.
Gewonnen wurden die Knochenmarkzellen vor Jahren noch durch „großvolumige Bohrnadeln“, mit denen den Spendern die Zellen unter Vollnarkose aus dem Beckenknochen entnommen wurden. Maschmeyer zufolge bestand für die Spender „ein kleines aber handfestes Risiko“. Heute dagegen werden die Zellen durch eine Maschine aus dem Blut gefiltert, an die der Spender per Venen-Zugang angeschlossen wird.
Bei Minus 180 Grad Celsius gelagert, können die Stammzellen selbst nach 20 Jahren noch zum Einsatz kommen, „dann sind die noch topfit“, so Maschmeyer. Verwendet werden sie etwa bei akuten Leukämien, sobald diese nach einer Chemotherapie zurück gedrängt wurden. Maschmeyer nutzte seinen Vortrag, um mit einem Missverständnis aufzuräumen: Oft werde nach Knochenmarksspendern gesucht, weil ein Sympathie erregender Mensch, etwa ein Kind, nur noch durch Stammzelltransplantation zu retten sei, da keine Chemotherapie mehr anspreche. Niemals, stellt Maschmeyer klar, könne einem Menschen mit einer Knochenmarkstammzellen-Transplantation geholfen werden, wenn er auf eine Chemotherapie nicht mehr anspricht. Verwendet werden die Stammzellen, um das durch die Chemotherapie geschädigtes blutbildende System des Patienten schnell wieder zu stabilisieren. Die Knochenmarksfunktion kann somit schneller wiederhergestellt werden, wodurch erst Hochdosis-Chemotherapien möglich sind.
Spender kann der Patient selbst sein, dem vor der Chemotherapie Stammzellen entnommen werden (autologe Stammzelltransplantation). Diese werden am Potsdamer Klinikum vorgenommen, Maschmeyer zufolge mit sehr gutem Erfolg: Von 232 Patienten sei nur einer infolge einer Infektion verstorben. Eine weitere Möglichkeit ist die allogene Spende, die Spende durch ein Familienmitglied oder eine fremde Person, die in speziellen Zentren, etwa in Berlin, vorgenommen werden. Die allogene Spende werde immer bedeutender, gut zwölf Millionen Menschen hätten sich in entsprechende Datenbanken aufnehmen lassen. Das so genannte HLA-Muster des Spender-Zellen müssen in wichtigen Merkmalen mit denen des Empfängers übereinstimmen.
Einen geeigneten Spender zu finden ist Maschmeyer zufolge relativ wahrscheinlich. Er nannte ein Beispiel: Selbst für das Kind einer Schwedin und eines Nigerianers seien trotz eines komplizierten Blutbildes auf Anhieb drei mögliche Spender gefunden worden. Guido Berg
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