Neulich in der MENSA: Tote Sachen
Ich war spät dran. Es gab nur noch Braten, Rotkohl und Kartoffeln.
Stand:
Ich war spät dran. Es gab nur noch Braten, Rotkohl und Kartoffeln. Gut, es müssen ja nicht immer frische, selbst geschälte Kartoffeln sein, die vorgeschälten Großküchenmodelle sind immer noch besser als kraftloses Pulverpüree. Doch wie gesagt, der Mittag war schon etwas vorangeschritten, die Kartoffeln lagen wohl schon länger in ihrer Warmhaltewanne. Es waren eigentlich auch keine einzelnen Kartoffeln mehr, eher so ein Brei. Wohlmeinende Zungen hätten wohl Stampfkartoffeln dazu sagen können. Wenn das Ganze nicht so wässrig gewesen wäre. Und dann noch das Salz. Der Brabsch schmeckte so salzig wie das Wasser des Toten Meeres. Nach einer Weile des Kauens kam mir dann auch ein Gedanke, der mit etwas anderem Toten zu tun hatte. In Brandenburg gibt es eine langjährige Tradition, nach der die Blutwurst nicht wie in Süddeutschland im Schweinedarm gereicht wird, sondern ohne. Einfach so, ohne Halt und Form. Ein blutbraunrötlicher Haufen auf dem Teller, den der Einheimische offensichtlich der Optik wegen als „Tote Oma“ bezeichnet. Das ist so wie mit dem „Jägerschnitzel“, das hier ja auch kein Schnitzel mit Pilzrahmsoße ist, sondern eine panierte Scheibe Jagdwurst in Tomatensoße. Es ist eben nicht immer das drin, was drauf steht. Zum Glück – bei der „Toten Oma“ zumindest. Das ging mir so durch den Kopf, während ich den Salzbrei in meinem Mund hin und her schob. Dann fiel es mir ein. Friedrich II. war das doch mit den Kartoffeln. Ich hatte keine versalzenen Quetschkartoffeln, sondern eine hiesige Spezialität auf dem Teller. Toter Fritz, das muss es sein! W. Kotti
W. Kotti
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