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Von Henner Mallwitz: Tradition und Notwendigkeit

Geplantes Ruderzentrum sorgt für Diskussionen zwischen Potsdams Leistungssportlern und Masters

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Aufbrausende Altmitglieder und ehrgeizige Kaderathleten: Bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung der Potsdamer Ruder-Gesellschaft (PRG) schieden sich am Dienstagabend die Geister. Der Grund: ein von der Luftschiffhafen GmbH vorgestelltes Konzept für die Entwicklung des Ruderstandortes. Dieser befindet sich seit 60 Jahren am Seekrug, und von dort soll er nun verlagert werden.

„Seit Jahren erreichen uns Bitten von Leistunssportlern und Trainern, die mit den bestehenden Bedingungen nicht mehr zufrieden sind“, sagte Andreas Klemund, Geschäftsführer der Luftschiffhafen GmbH. „Im Seekrug ist die Lüftungsanlage defekt, die Hebeanlage für das Abwasser, wir haben ein undichtes Dach, die Brandschutzauflagen können nicht mehr erfüllt werden, und, und, und. Hier etwas zu tun, wäre nur Flickschusterei.“

Da die Entwicklung des Sportkomplexes von Bund, Land und der Stadt finanziert wird, sei Letztere nun aufgefordert worden, ein Konzept zur weiteren Entwicklung des Ruderstandortes vorzulegen. Das Berliner Architekturbüro Galandi & Schirmer entwarf auf Anfrage der Luftschiffhafen GmbH einen Vorschlag für ein neues Ruderzentrum, das in den Sportpark integriert werden soll. Das zweistöckige Gebäude soll am südlichen Teil des Geländes unweit der Schwimmhalle entstehen und den Leistungskadern sowie den Kindern und Masters des Vereins beste Trainingsbedingungen bieten.

„Wir wissen, dass es sich beim Seekrug um einen traditionsreichen und geschichtsträchtigen Ort handelt“, so Architekt Christoph Galandi, der 1988 selbst Olympiateilnehmer im Rudern war. „Aber manchmal ist es eben sinnvoller, neu zu bauen als zu sanieren.“ Auch aus finanzieller Sicht, da ein Neubau gefördert würde, für eine Sanierung jedoch kaum Mittel von Bund und Land zu erwarten seien.

Gemischt waren die Reaktionen auf den Vorschlag, der bei Weitem noch nicht ausgereift ist und viel Spielraum für Änderungen lässt. „Das Geld könnte doch auch auf dem Gelände eingesetzt werden“, war aus den Reihen jener Mitglieder zu hören, die sich vor allem aus den älteren Masters zusammensetzten und die am Dienstag auch an die eigene Arbeit erinnerten, die in den 50er und 60er Jahren in das Ruder-Areal um den Seekrug gesteckt wurde.

Das konnten die bedeutend jüngeren Leistungssportler zwar nachempfinden, dennoch liegen bei ihnen die Schwerpunkte woanders. „Ich bin in diesem Raum zwar der Jüngste, bin aber ebenso eng mit dem Seekrug verbunden“, sagte der zweifache Junioren-Weltmeister Felix Bach. „Ich habe aber noch viel vor, und Weltklasse ist hier einfach nicht mehr machbar. Ich finde, dass das Ruderzentrum ein toller Kompromiss ist.“

Seine Vereinsgefährtin Stephanie Schiller sah das nicht anders: „Wir brauchen neue Bedingungen, um an die Weltspitze zu kommen oder dort zu bleiben“, so die mehrfache WM-Medaillengewinnerin. „Die Älteren müssen umdenken, dann gibt es bald auch wieder mehr Erfolge im Leistungs- und im Breitensport.“ Den Vorwurf, im neuen und im modernen Baustil errichteten Ruderzentrum komme keine „Gemütlichkeit und kein Vereinsleben“ auf, verwarf Schiller. „Wir können dort Leistungs- und Breitensport vereinen, denn das ist am Seekrug schon längst verloren gegangen.“ Zuspruch gab es auch von Trainerin Uta Salomon. „Wir müssen hier an jedem Tag olympische Leistungen erbringen, aber die jetzigen Bedingungen sind völlig unzulänglich“, argumentierte sie.

Letztlich bleiben dem Verein drei Möglichkeiten. Entweder zieht er komplett um, oder nur der Leistungssport wechselt zum neuen Ort. Der verbleibende Breitensport würde dann jedoch nicht mehr von den Zuwendungen des Leistungssports profitieren und sich kaum halten können. Oder es bliebe bei der derzeitigen Situation, die jedoch nicht finanzierbar scheint.

Der Wunsch des Olympiastützpunktes ist es, die Olympiavorbereitung für Rio 2016 unter deutlich verbesserten Bedingungen durchführen zu können. Im März dieses Jahres könnte es schon konkreter werden: Dann wollen sich Luftschiffhafen GmbH und PRG erneut zusammensetzen.

Henner Mallwitz

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