Landeshauptstadt: Trambrücke: Gesamtbetrachtung „unerlässlich“
Landesrechnungshof kritisiert wie Meyerhöfer, dass Unfälle und Verkehrstote geltend gemacht werden
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Innenstadt - Die Stadt Potsdam muss offenbar einen neuen Anlauf nehmen, wenn sie Fördermittel für den Bau der 10,5 Millionen Euro teuren Trambrücke neben der Langen Brücke bekommen will. Dies wird aus dem Schreiben deutlich, das der Landesrechnungshof Anfang der Woche an die Staatssekretärin im Bauministerium, Dorette König, schickte. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte die Stadtverordneten am Mittwoch von dem Brief informiert – und dabei vor allem von „Hinweisen“ gesprochen, die der Rechnungshof gebe (PNN berichteten).
Das Schreiben der Prüfer, das den PNN vorliegt, liest sich jedoch anders. Nicht nur hat der Rechnungshof weitere Prüfungen der Fördergeld-Antragsunterlagen abgelehnt, weil die „Wirtschaftlichkeit der Fördermaßnahme“ nach bisherigem Erkenntnisstand nicht zuverlässig bewertet werden könne. Die Prüfer fordern auch unmissverständlich dazu auf, die Wirtschaftlichkeitsprüfung der neuen Brücke – die so genannte Kosten-Nutzen-Analyse – noch einmal neu in Auftrag zu geben. Denn, so der Rechnungshof, für eine „aussagefähige“ Analyse sei die „Gesamtbetrachtung aller Maßnahmen im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Potsdamer Mitte unerlässlich“.
Zuvor argumentieren die Rechnungshof-Prüfer so, wie es der Mathematik-Professor Wolfram Meyerhöfer von der Wählergemeinschaft Die Andere bereits sei Monaten tut. Er hatte der Stadt unter anderem vorgeworfen, die im Auftrag des städtischen Sanierungsträgers Potsdam durch die Berliner Firma Forschungs- und Planungsgruppe Stadt und Verkehr (FGS) erstellte Analyse enthalte „grob manipulierte Berechnungen zu Unfallkosten“. Der Rechnungshof wirft den Gutachtern Ähnliches vor: Während einerseits nur die Kosten für den Schienenweg auf der Brücke zugrunde gelegt würden, beziehe man andererseits die Wirkungen aus der Umgestaltung aller Straßenwege mit ein. Das dafür gegebene Beispiel klingt bekannt – denn auch Meyerhöfer hatte den Gutachtern eine fälschliche „Gutschreibung“ von Verkehrstoten vorgeworfen. Der Rechnungshof meint nun, dass die Analyse die Vermeidung von Verkehrsunfällen und Verkehrstoten als wirtschaftlichen Nutzen der neuen Brücke ermittelt habe, obwohl diese Unfälle und Unfallorte „ursächlich weitgehend keinen Bezug zu den beantragten Fördermaßnahmen – insbesondere dem Brückenbau – haben“. Außerdem bezweifeln die Prüfer, dass lediglich die Hälfte der Brückenbau-Kosten der Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs zugerechnet werden sollen. Schließlich solle der andere Teil der Brücke nur von Fußgängern und Radfahrern benutzt werden.
Auch weist der Rechnungshof daraufhin, dass bei der Analyse nur die Varianten ohne und mit Trambrücke geprüft worden seien. „Grundlage jeder Wirtschaftlichkeitsuntersuchung“ sei aber die Betrachtung verschiedener Varianten. Zudem blieben in der Analyse der FGS mögliche Fördergeld-Rückzahlungen unberücksichtigt. Schließlich hatte das Land die Sanierung der Langen Brücke samt Verlegung der Tram–Trasse in die Mitte der Brücke schon in den 1990er-Jahren gefördert. Diese Gelder sind noch immer zweckgebunden. SCH
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