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Potsdamer Transparenzkommission vermisst „selbstkritischen Blick“ und „Unrechtsbewusstein“ im Zusammenhang mit den Vorgängen im Zuge der Stadtwerke-Affäre.

© Andreas Klaer

Nach Affäre: Transparenz: Stadtwerke in der Kritik

Potsdamer Kommission vermisst „selbstkritischen Blick“ und „Unrechtsbewusstein“ im Zusammenhang mit den Vorgängen im Zuge der Stadtwerke-Affäre.

Von Peer Straube

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Die Selbstdarstellung der Stadtwerke vor der Transparenzkommission am Donnerstagabend ist in dem Gremium auf Unverständnis und heftige Kritik gestoßen. Es habe der „selbstkritische Blick“ auf die Vorgänge im Zuge der Stadtwerke-Affäre gefehlt, sagte Vizekommissionsleiter Christian Erdmann am Freitag vor Journalisten. Kommissionsmitglied Ute Bankwitz, Fraktionschefin des Bürgerbündnisses, wurde auf PNN-Anfrage noch deutlicher: Offenbar herrsche im Unternehmen ein „Mangel an Unrechtsbewusstsein“. Sie habe ein „klares Bekenntnis“ zu den intransparenten Vorfällen der Vergangenheit ebenso vermisst wie eine Marschroute, wie derlei künftig vermieden werden könne.

Jörg Neumann, Interimsgeschäftsführer der wichtigsten Stadtwerke-Tochter, der Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP), sollte am Donnerstag der Kommission Rede und Antwort zur Sponsoringpraxis des Unternehmens stehen. Stattdessen habe es einen zweistündigen Vortrag über die Unternehmensstruktur gegeben, sodass die Zeit für das eigentliche Thema – die Sponsoringpraxis – nicht mehr ausgereicht habe, so Erdmann. Es sei das Bild seines „topgeführten Unternehmens“ gezeichnet worden, sagte Bankwitz. Am Ende habe sich die Kommission gefragt: „Was machen wir eigentlich hier, wenn doch alles schick ist“, kritisierte Erdmann. Dem Gremium sei unverständlich gewesen, wieso die Stadtwerke nicht wie die Pro Potsdam in die Offensive gingen. Die kommunale Bauholding hatte wie berichtet ihre Sponsoringpartner angeschrieben und um Aufhebung der Geheimhaltungsklauseln gebeten, um die Summen öffentlich machen zu können. Insgesamt, resümierte Erdmann, sei die Kommission mit dem Auftritt „nicht zufrieden“ gewesen. Über die Sponsoringpraxis der Stadtwerke will die Transparenzkommission nun in ihrer nächsten Sitzung diskutieren.

Bekanntlich ist der kommunale Verbund der Stadtwerke Auslöser der nach ihm benannten Affäre um Bespitzelung und Geheimsponsoring. Ex-Unternehmenschef Peter Paffhausen soll den ehemaligen Geschäftsführer der Gewoba, heute der Pro Potsdam, Horst Müller-Zinsius, über die private Detektei eines ehemaligen Stasi-Mitarbeiters ausspioniert und über Jahre hinweg dem darbenden Fußballdrittligisten SV Babelsberg 03 mit am Aufsichtsrat vorbei gewährten Geheimbürgschaften über die Runden geholfen haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Paffhausen wegen des Verdachts der Untreue. Stadtwerke-Hauptabteilungsleiter Ralf Zeretzke zeigte sich gestern verwundert. Womöglich habe die Kommission eine „zu hohe Erwartungshaltung“ gehabt. Er sei allerdings gern bereit, in der nächsten Hauptausschuss-Sondersitzung ausführlich zur Sponsoringpraxis Auskunft zu geben. „Wir haben nichts zu verstecken.“

Doch nicht nur die Stadtwerke sorgten in der Transparenzkommission für Verärgerung. Auch ein überraschender Vorstoß von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) stieß den Mitgliedern sauer auf. Der Rathauschef habe sich von der Kommission grünes Licht holen wollen, um einen Beteiligungsausschuss ins Leben zu rufen, sagte Erdmann. Ein solches Gremium, gebildet aus Vertretern der Stadtverwaltung und der Stadtfraktionen, gibt es in vielen deutschen Städten. Es befasst sich mit den Vorgängen in städtischen Unternehmen und soll neben dem Aufsichtsrat eine zusätzliche Kontrollfunktion ausüben. Die Kommission empfand das offenbar als Eingriff in ihr Hoheitsgebiet. Das Thema müsse erst noch diskutiert werden, bevor man eine Empfehlung aussprechen könne, so Erdmann. Jakobs habe dem „Wunsch“ der Kommission entsprochen und die Beschlussvorlage für die Stadtverordneten zur Schaffung eines Beteiligungsausschusses zurückgestellt. Eigentlich wollte er sie in die nächste Sitzung des Kommunalparlaments Ende September einbringen.

Die Kommission reagierte gereizt, weil Jakobs sie schon einmal düpiert hatte. Vor wenigen Wochen hatte das Gremium die Berufung von Antikorruptionsbeauftragten für städtische Unternehmen empfehlen wollen – Jakobs war ihr mit einer Pressemitteilung zuvorgekommen.

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