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Was mit Pflanzen? Einen Traumberuf hat Sophie Köhn (17) bislang nicht.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Traumberuf gesucht

Ines Dietrich hilft Schülern bei der Jobwahl. Überraschungen sind dabei nicht ausgeschlossen

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Potsdam - Geld, Autos, Spaß, eine eigene Wohnung – als Erstes darf man sich bei Ines Dietrich mal etwas wünschen. Danach versucht die Berufsberaterin mit ihren Kunden im Gespräch die individuellen Fähigkeiten herauszuarbeiten, um den Zielen Stück für Stück näherzukommen. Am Ende steht ein Eignungstest, in dem unter anderem das logische Verständnis, Grundrechenarten und andere Kenntnisse abgefragt werden. Wer dann schon weiß, was er gerne beruflich machen will, den könnte Dietrich momentan wohl vom Fleck weg vermitteln, so groß sei der Bedarf an geeigneten Lehrlingen. „Wir könnten den Unternehmen derzeit zig Leute vorstellen. Aber wir wissen auch nicht, woher wir die nehmen sollen“, sagt 52-jährigen Chefin der Potsdamer Firma Jobcoaching.

Vor acht Jahren hat sich Dietrich als Beruftsberaterin selbstständig gemacht, davor mehrere Jahre im Raum Belzig für einen freien Träger gearbeitet. Außer der Hilfe bei der Berufsorientierung bieten Dietrich und ihre drei Mitarbeiter auch Persönlichkeitsberatungen an und bringen Handwerksbetriebe für größere Aufträge zusammen.

Jugendliche, die Unterstützung bei der Berufsfindung brauchen, werden entweder von ihren Eltern oder anderen Familienangehörigen oder auch in seltenen Fällen vom Arbeitsamt zu Ines Dietrich geschickt. Die Akzeptanz seitens der Jobcenter für ihre Arbeit sei aber durchaus verbesserungbedürftig. „Wir würden uns wünschen, dass die Zusammenarbeit besser wäre“, sagt die Berufsberarterin. Häufig würden die Agenturen junge Leute erst zu ihr schicken, wenn die Lage beinahe ausweglos sei, die Jugendlichen extrem demotiviert seien.

Die häufig von Betrieben vorgebrachte Kritik, immer mehr Schulabgängern fehle es an der richtigen Einstellung, sie seien unpünktlich und nicht engagiert genug, kann Dietrich nicht bestätigen. „Wenn es ein Thema gibt, das sie wirklich fasziniert, sind sie in der Regel auch pünktlich und begeistert.“ Alles auf die mangelnde Sozialkompetenz zu schieben sei zu einfach, so Dietrich. Oft handele es sich eher um einen Schutzreflex. Wegen des Drucks vom Betrieb, der Schule und der Eltern zögen sich Jugendlichen zurück.

Vielfach kommen die Jugendlichen auch von allein zu Dietrich. So etwa die 17-jährige Sophie Köhn aus Falkensee. Gerade ist sie in die 12. Klasse gekommen, nächstes Jahr steht das Abitur an – und dann? „Bis jetzt habe ich nichts gefunden, was mich angesprochen hat. Das große Problem ist, ich hatte nie einen Traumjob“, berichtet Köhn. Allerdings sei sie damit im Freundeskreis nicht allein. Bei Jobcoaching ist sie seit Anfang August. Bislang hätten die Gespräche mit Dietrichs Mitarbeiterin Maria Dost vor allem gezeigt, dass sie sich bei ihren Fähigkeiten und Neigungen recht gut selbst einschätzt. Aber auch neue Erkenntnisse habe sich gewonnen, so Köhn. „Hätte eigentlich nicht gedacht, dass etwas mit Planzen zu mir passt. Dabei mag ich Pflanzen gar nicht besonders.“

Mit ihrem neuen Flyer „Jobroads“, der in Schulen, Klubs, Cafes und Freizeiteinrichtungen ausliegen soll und zudem ein erster Fragebogen zur Berufsorientierung ist, will Dietrich künftig noch mehr junge Leute erreichen. Um aber möglichst alle Jugendlichen besser auf die Zeit nach der Schule vorzubereiten, hält es die Berufsberaterin für wichtig, die Berufsorientierung in den Lehrplan zu integrieren. Nebenbei sei das für die Schulen gar nicht leistbar. „Lehrer sind eben keine Berufsberater.“ Matthias Matern

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