Landeshauptstadt: Tresor schützt Fontanes Handschriften
An der Villa Quandt fallen die Gerüste / Auch Russensauna wird wieder hergestellt
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In hellem Ockerton zeigt sich die Vorderfassade der Villa Quandt am Pfingstberghang. Gestern fielen dort die Gerüste. Die grün umrandeten Fenster mit den Stuckornamenten darunter sind wiederhergestellt, an der Freitreppe wird gearbeitet.
Nur der unbehandelte Sockelbereich erinnert noch daran, dass die Architektin Cornelia Kindel, Baudenkmalpfleger Demir Arslantepe und Bauleiter Federico Gallo Anfang 2006 hier einen ruinösen grauen Bau vorfanden, dessen Wiederherstellung nur schwer vorstellbar schien.
Inzwischen befindet sich die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten auf gutem Weg, das aus einem Weinmeisterhaus entstandene ehemalige Anwesen einer Militärswitwe Quandt, später dann des Prinzen Oskar von Preußen, am 23. September termingerecht und komplett restauriert an die künftigen Nutzer, das Fontane-Archiv und das Brandenburgische Literaturbüro, zu übergeben.
Dafür ist inzwischen auch im Inneren des Gebäudes eine Menge getan worden. Besonders beeindruckend ist der klimatisierte Tresorraum, in dem künftig die kostbaren Originalhandschriften des „Wanderers durch die Mark“ verwahrt werden. Jeden Brand würde einströmendes Löschgas sofort ersticken, bei jedem Einbruchsversuch schrillen bei der Polizei die Alarmglocken. Der Aufwand ist angesichts des hohen Wertes der Handschriften gerechtfertigt, sagt Arslantepe und erinnert an die 130 000 Euro, für die kürzlich das Originalmanuskript von Fontanes Gedicht über den Ribbeckschen Birnbaum versteigert wurde.
Ein paar Kellerräume weiter trifft der Besucher auf eine ganz andere Attraktion: die Russensauna. Die Besatzer, die das Haus bis 1994 nutzten, hatten sie eingerichtet. Auch sie soll als Zeugnis der Nutzungsgeschichte erhalten bleiben. Die umlaufende Bank ist schon wiederhergestellt, der Ofen und der Steinkorb für die Aufgüsse folgen nach.
Saunaabende werden in der Villa nicht veranstaltet, wohl aber Lesungen und Vorträge. Dafür stehen u.a. ein Zimmer mit einem erhaltenen Kamin aus der Prinzenzeit, der sogar geheizt werden kann, Vortragssaal, Bibliothek und zur Gartenseite eine Terrasse mit Blick auf den Pfingstberg zur Verfügung. Die Last der Bücher im Obergeschoss von 1,25 Tonnen je Quadratmeter wird durch Pfeiler abgefangen, und das Dachgeschoss steckt voller technischer Anlagen. Ein Zugeständnis an die Gegenwart sind sechs mit Computern ausgestattete Lese- und zwei Rechercheplätze mit Internetzugang.
Der Garten, der bis auf den notwendigen Parkplatz der Gestaltung unter Prinz Oskar folgt, wird übrigens nicht umzäunt, sondern öffentlich zugänglich sein. Er wird durch Hecken eingefasst, mit Sträuchern und Rosen bepflanzt.
Erhart Hohenstein
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