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Landeshauptstadt: Trickserei und Abzocke?

Straßenreinigungssatzung: So viele Einsprüche wie noch nie

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Straßenreinigungssatzung: So viele Einsprüche wie noch nie Seitdem die Stadtverwaltung 11 300 Gebührenbescheide für die Straßenreinigung verschickt hat, stehen die Telefone im Rathaus nicht mehr still, wird der Bereich Ordnung und Sicherheit mit Briefen überschüttet. Fachbereichsleiterin Marina Kluge spricht von 200 bis 300 Briefen pro Tag. Was ist los? Erhebt die Stadt zu hohe Gebühren für die Straßenreinigung? Wie sind die in Einzelfällen enorm angestiegenen Gebühren zu erklären? So rechnet eine Eigentümerin aus der Gontardstraße eine Erhöhung um 972 Prozent aus. Ein anderer zahlte im Jahre 2000 zirka 18 Euro und wird im Jahr 2004 mit 147 Euro zur Kasse gebeten. Eine Anwohnerin aus der Kirschallee teilt mit, dass sie von ehemals 42 Euro jetzt auf über 400 Euro hochgestuft wurde. Die Beispiele ließen sich fortsetzen. Fachbereichsleiterin Kluge bemerkt dazu, dass es zahlreiche Fälle gebe, in denen weniger bezahlt werden müsse als früher. Eine genaue Aufschlüsselung liegt jedoch nicht vor. Die Differenzen beruhen darauf, dass als Berechnungsgrundlage nicht mehr die Länge der Straßenfront, sondern die Grundstücksfläche dient. Um die Rechnerei zu vereinfachen, wird die Quadratwurzel der Fläche als Grundlage genommen. Für ein 900 Quadratmeter großes Grundstück ergibt sich demnach die Zahl 30. In der „Reinigungsklasse 3K/04“ (diese gilt beispielsweise in der Friedrich-Ebert-Straße) wären dafür jährlich fünf Euro, das heißt 30 mal fünf Euro zu bezahlen, das entspricht einer Leistungsgebühr von 150 Euro. Dazu kommt die Grundgebühr von 17,63 Euro und für den Winterdienst nochmals 11,67 Euro. Durch drastische Erhöhungen betroffene Bürger äußern, dass die Stadt durch „mathematische Trickserei“ auf eine „bestmögliche Abzockerei des Bürgers“ abziele. Fachbereichsleiterin Marina Kluge bestreitet das und verweist darauf, dass die Stadt gar keine Überschüsse aus der Straßenreinigung einnehmen dürfe. Die Verwaltung sei aber verpflichtet, 75 Prozent der entstehenden Kosten bei der Straßenreinigung von den Bürgern einzufordern. Springender Punkt sind diese Kosten, die offenbar feststehen – unabhängig vom notwendigen beziehungsweise tatsächlichen Aufwand. Kluge nennt einen Betrag von jährlich rund vier Millionen Euro, der offenbar in einem 20-Jahre-Vertrag mit der Stadtentsorgung Potsdam (Step), in der die Stadt im Abschlussjahr 1991 Mehrheitseigner war, fixiert ist. Die Verwaltung musste die Gebühren deutlich anheben, weil sie von dem umlagefähigen Betrag in Höhe von drei Millionen Euro Jahr für Jahr nur 1,4 Millionen Euro eingenommen hatte. „Seit 1998 besteht dieses Defizit“, sagt Kluge. Das heißt die Stadt ist allein wegen der Straßenreinigung auf sieben Millionen Euro sitzen geblieben. Den Aufwand für die Reinigung zu senken, um die Gebühren im Interesse der Bürger auf niedrigem Niveau zu halten, verbietet offenbar die vertragliche Bindung zwischen Stadt und Step. Letztere muss einen beträchtlichen Personal- und Fuhrpark vorhalten, um die Reinigung zu bewältigen. Denkbar wäre gewesen, die Gebühren einfach zu verdoppeln, damit die Stadt auf ihre Kosten kommt. Die Grundstücksfläche als Berechnungsgrundlage scheint jedoch gerechter zu sein als der Frontmeter-Maßstab, weil damit alle Grundstücke erfasst sind. Wer vorn zehn Frontmeter hat und hinten 800, war früher besser dran als jemand, dessen Grundstück zwanzig Frontmeter lang war und hinten vierhundert. Jetzt zahlen beide gerechterweise einen gleich hohen Betrag.

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