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Dünnes Eis. Am Heiligen See sah die Eisdecke am Montag noch geschlossen aus. Doch auch hier sollte die Gefahr nicht unterschätzt werden. Wer einbricht, bekommt innerhalb von Minuten eine lebensgefährliche Unterkühlung.

©  Manfred Thomas

Gewässer in Potsdam: Trügerisch tragfähig

Das Tauwetter macht die Eisdecke auf Seen und Flüssen brüchig. Die Feuerwehr warnt vor dem Betreten und übt für den Ernstfall

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Vorsichtig, aber im Eiltempo, schiebt ein Retter der Potsdamer Feuerwehr zwei Leitern nebeneinander auf das Eis des Heiligen Sees. Auf allen Vieren krabbelt der Uniformierte auf die erste Leiter, schiebt die zweite ein Stück vor, klettert hinüber und zieht die andere an sich vorbei. Das kalte Aluminium quietscht über das Eis. Stück für Stück nähert sich der Retter dem Frierenden im Eiswasser– es ist ein Kollege, dick eingepackt in einem rot leuchtenden Überlebensanzug.

Am Montagmorgen hat die Potsdamer Feuerwehr die Wintertemperaturen für eine seltene Übung genutzt: Mit Leitern und Eisschlitten näherten sich die Retter abwechselnd einem Loch in der Eisdecke des Heiligen Sees, um für einen möglichen Noteinsatz zu üben. „Die Feuerwehr nimmt im Winter jede Möglichkeit war, den Ernstfall zu trainieren“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN. Die Übungen haben einen ernsten Hintergrund, denn wenn der Winter geht, wird das Eis auf den Gewässern brüchig.

Angesichts steigender Temperaturen hat die Potsdamer Feuerwehr ihre Warnung vor dem Betreten der Eisflächen auf Seen und Flüssen erneuert. Trotz Minustemperaturen in den Nächten und einer augenscheinlich geschlossenen Eisdecke auf einigen Seen und Teichen sei die Eisdecke zu dünn, um darauf gehen oder gar Schlittschuhlaufen zu können. „Wir appellieren an alle, die Flächen nicht zu betreten und die Gefahr nicht zu unterschätzen“, sagte Wolfgang Hülsebeck, Chef der Potsdamer Feuerwehr. Es sind und werden keine Eisflächen in und um Potsdam zum Betreten freigegeben.

Unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten des Wassers, durch Untiefen oder auf dem Gewässergrund entstehende Strudel, einfließende Abwässer sowie auch die Schifffahrt machen die Tragfähigkeit der Eisdecke unberechenbar und erhöhen die Gefahr eines Eisbruchs. Die dünne Schneedecke auf dem Eis verhindert zudem einen Blick auf die Eisfläche, um die Dicke sowie Risse und dunkle Stellen zu erkennen. Wer dennoch die Eisflächen betritt, gefährdet sich und andere. Auch wenn in Ufernähe das Eis fest erscheint, kann das ein paar Meter weiter anders aussehen.

Nach Angaben der Potsdamer Polizei ist in der zu Ende gehende Kälteperiode noch niemand ins Eis eingebrochen. Es sei erfreulich, dass die Potsdamer anscheinend vernünftig sind, so Polizeisprecherin Jana Birnbaum. Auch die Polizei rät dringend vom Betreten der Eisflächen auf Gewässern ab. Zuletzt war eine 61-jährige Spaziergängerin vor einem Jahr mit ihrem Hund durch die Eisdecke des Großen Zernsees gebrochen. Der Feuerwehr gelang es, der Dame aus dem eiskalten Wasser zu helfen.

Im Ernstfall bleiben im eiskalten Wasser rund vier Minuten, bis ein Mensch bewusstlos wird. Zusammen mit dem Abtrieb schwerer Winterkleidung kann das schnell zum Ertrinken führen. Die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft in Brandenburg rät deshalb im Ernstfall, alle geistigen und körperlichen Kräfte zu mobilisieren und eine Panik zu vermeiden. Dünnes Eis um die Einbruchstelle muss schnell abgebrochen werden. Wenn das Eis wieder trägt, soll man in Bauch- oder Rückenlage auf die Eisfläche kriechen. Im Liegen gilt es dann das Ufer zu erreichen, am besten mit ausgebreiteten Armen. Wer Eingebrochenen helfen will, sollte zunächst die Feuerwehr mit dem Mobiltelefon rufen. Danach gilt es, einen langen Ast oder ein Abschleppseil zu suchen. Auf keinen Fall sollte man die Hand reichen. Grundsätzlich sollten sich Wintersportler nur an bewachten Gewässern und nie alleine auf das Eis wagen.

Der Deutsche Wetterdienst in Potsdam sagt für die kommenden Tage weiter Tauwetter voraus. Dementsprechend wird das Eis auf den Gewässern bald verschwinden. Nachts könne es in den nächsten Tagen noch Frost geben, jedoch steige die Temperatur tagsüber auf 3 bis 6 Grad Celsius an, so Meteorologin Angela Berger. Ab Donnerstag soll es noch wärmer werden. T. Reichelt/M. Zschieck

T. Reichelt, M. Zschieck

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