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Landeshauptstadt: Tür zu?

Hasso Plattner baut die Kunsthalle am Stadtrand. Jann Jakobs hofft noch. Andere sind sich keiner Schuld bewusst

Von Peer Straube

Stand:

Innenstadt - Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) stand die Betroffenheit ins Gesicht geschrieben. „Ich finde das äußerst bedauerlich“, diktierte er den Journalisten am Mittwoch in einem eilig einberufenen Gespräch in die Blöcke. „Ich hoffe aber auch, dass die Tür nicht zu ist und man ihn noch umstimmen kann.“

Ähnlich wie Jakobs reagierte die Stadtpolitik fast einhellig geschockt auf die Ankündigung von Milliardär und Mäzen Hasso Plattner, er wolle seine Kunsthalle nicht im Lustgarten, sondern an der Stadtperipherie, auf seinem Jungfernsee-Campus bauen. SPD-Fraktions- und -Kreischef Mike Schubert sprach von einem „Rückschlag für die Belebung der historischen Mitte“, kündigte aber zugleich einen Versuch an, Plattner mit einem möglichst einhelligen Votum des Hauptausschusses für eine Kunsthalle in der Stadtmitte noch umzustimmen. Auch die Bündnisgrünen wollen versuchen, die Kunsthalle in der Innenstadt zu retten: Es könne „nicht sein, dass unbesonnene Äußerungen Einzelner eine so starke Wirkung auf die Potsdamer Stadtentwicklung erhalten“, sagte Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke. Die „Potsdamer Mitte braucht daher dieses bedeutsame Vorhaben“. Lediglich die Linke sieht ihre Zweifel am Hotelstandort bestätigt, wies aber jede Mitschuld dafür von sich, dass die Halle nun nicht in der Innenstadt gebaut werde. Das „funktionierende“ Hotel sei eine „städtebauliche Dominante“, sagte Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg. Jakobs warf er vor, Plattner auf den Lustgarten „fixiert“ zu haben.

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Die Stimmen der Kritiker, obgleich es nur wenige waren, haben in der Summe ausgereicht, dem Mäzen das Topgrundstück in der Stadtmitte madig zu machen. Er sehe keinen Grund, das Projekt auch nur gegen den Willen eines einzigen Potsdamers durchzusetzen, erklärte Plattner am Mittwoch in einer Telefonkonferenz. Mehrere Punkte waren es letztlich, die Plattner vergrault haben: Die, wie er sagte, „älteren Rechte“ der Weissen Flotte, die wie berichtet am alten Standort ein neues Restaurant nebst Verwaltungsgebäude bauen will und deren Interessen sich nicht mit einer Kunsthalle am gleichen Platz vereinbaren ließen. Es habe bei der Weissen Flotte die Bereitschaft gegeben, „50 Meter weiterzuziehen, aber nur, wenn ich das bezahle“. Flottenchef Jan Lehmann wies das zurück: Er habe keine Kompensation verlangt. Aber nach sechs Jahren Wartezeit habe man auf die Pläne für einen Neubau am gleichen Standort bestanden. Auf einen von ihm vorgeschlagenen Kompromiss sei Plattner nicht eingegangen.

Geärgert hat sich der Mäzen offenbar auch über den Chef der Tourismus Marketing Brandenburg (TMB), Dieter Hütte, der den Verlust des Mercure-Hotels „wegen der hohen Zahl der Übernachtungen“ als „bedenklich“ empfunden habe. Hütte spielte seine Rolle herunter: Dass seine Aussage „zu den veränderten Planungen“ geführt haben soll, halte er „für vermessen“. Er habe zu „keinem Zeitpunkt“ Kritik am Projekt geäußert, sondern die Kunsthalle „im Gegenteil“ als „Bereicherung“ empfunden.

Besonders getroffen haben Plattner wohl die ablehnenden Stimmen der Potsdamer selbst: Von „Alteingesessenen“ habe er Briefe erhalten, die in einem Abriss des 17-stöckigen Plattenbaus einen Verlust von DDR-Geschichte sähen. Er habe vielfach den Vorwurf zu hören bekommen, „da kommt so ein reicher Pinkel und will uns was wegnehmen“. Auch werde ihm vorgeworfen, Arbeitsplätze im Hotel zu vernichten. Als Privatperson brauche er so etwas nicht, sagte Plattner. Schließlich seien die hohen Kosten des Vorhabens an explizit diesem Standort „angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Potsdamer“ nur schwer zu vermitteln.

Plattner, der sich mit dem Hoteleigentümer, dem US-Hedgefonds Blackstone, bereits geeinigt hatte, will nun vom Grundstückskauf Abstand nehmen. Dennoch schwang Bedauern mit. Es gebe in Deutschland keinen schöneren Standort für eine Kunsthalle als das Areal am Havelufer. Doch sei auch das Grundstück am Jungfernsee, auf dem einst die Grauen Kasernen standen, „wunderbar“ für sein Projekt geeignet, sagte er. Das Gelände gehört Plattner bereits seit vielen Jahren. Der von ihm mitbegründete Softwarekonzern SAP baut dort ein Innovationszentrum, außerdem sollen hochwertige Wohnungen entstehen. Als konkretes Baufeld für die Halle nannte er eine Fläche, die rund 200 Meter südlich des Innovationszentrums liegt. Dort könne ein Gebäude in hervorragender Architektur entstehen und Parkplätze in „Hülle und Fülle“ gebaut werden. Zudem habe die Stadt versprochen, die Straßenbahnanbindung von der Viereckremise aus bis zum Jungfernsee zu verlängern. Die Kunsthalle werde gut erreichbar sein, versicherte Plattner.

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