Aus dem GERICHTSSAAL: Türsteher schossen über das Ziel hinaus
Gericht sah Faustschläge in der Disko als erwiesen an / Bewährungsstrafen
Stand:
„Das Einzige, was wirklich zweifelsfrei aufgeklärt werden konnte, war die Körperverletzung des Geschädigten an seiner Freundin“, resümierte Rechtsanwalt Mark Eplinius am gestrigen zweiten Verhandlungstag im „Türsteherprozess“. Er vertrat Niklas N.* (27), den Älteren des Bruderpaares, das sich seit dem 16. Juni wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten muss. Niklas und Ronny N.* (26) sollen in der Nacht des 11. Juli 2010 ihr Amt als Ordner in der Diskothek „Nachtleben“ missbraucht und den Gast Falko F.* (25) brutal zusammengeschlagen haben. Sie bestritten dies (PNN berichteten).
Richterin Constanze Rammoser-Bode war allerdings nicht von der Unschuld der Angeklagten überzeugt. Sie verurteilte den vermeintlichen Haupttäter Ronny N. zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten. Sein Bruder Niklas erhielt sieben Monate. Beide Sanktionen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem müssen die bislang nicht Vorbestraften je 500 Euro Geldbuße zahlen. Falko F. hatte am ersten Prozesstag freimütig zugegeben, seiner Freundin Katja während eines Streits in der Disko eine schallende Ohrfeige verpasst zu haben. Danach sei er von einem Türsteher (laut Anklage Ronny N.) „volle Pulle“ ins Gesicht geboxt worden. Auf dem Boden hockend habe er versucht, weitere Schläge abzuwehren. Dann müsse ein zweiter Angreifer dazugekommen sein. Schließlich sei er von vier Armen hochgezogen worden. Zwei davon hätten Niklas N. gehört. Den kenne er von der Arbeit, erklärte Falko F., der im Prozess als Nebenkläger auftrat. Durch die Misshandlung erlitt er eine gebrochene Nase, eine Gehirnerschütterung und geschwollene Augen, war eine Woche krankgeschrieben.
„Nach der Nasenoperation schnarcht mein Freund ganz fürchterlich“, berichtete Katja K.* (21) im Zeugenstand. Sie identifizierte Niklas und Ronny N. eindeutig als die Schläger. Ihr Bruder, der mit den Angeklagten befreundet ist, habe Falko F. später „zur Sau gemacht“, weil er Anzeige wegen Körperverletzung erstattete. Daraufhin – so Katja K. – hätten ihm die beiden Türsteher Schmerzensgeld geboten, um einen Prozess zu vermeiden.
Sicherheitskräfte der Disko „Nachtleben“ in der Schopenhauerstraße beteuerten, sie hätten keinerlei Gewalttätigkeiten ihrer Kollegen beobachtet. Nach der Backpfeife, die Falko F. seiner Freundin versetzte, sei er von Ronny N. in den Schwitzkasten genommen und ins Freie gebracht worden. Dort habe ihn sein Bruder Niklas übernommen. Als Zeugen gehörte Gäste erinnerten sich an die heftige Ohrfeige und ein sich anschließendes Getümmel. Prügelnde Türsteher bemerkten sie aber nicht.
Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft sah den Anklagevorwurf dennoch als erwiesen an. Auch die Richterin betonte: „Die Sache mit dem Schmerzensgeld belegt, dass da etwas gewesen sein muss.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (*Namen geändert.) Hoga
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