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Landeshauptstadt: Tüten wissenschaftlich betrachtet

Tag der Offenen Tür an der School of Design Thinking in Babelsberg

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Wenn Studenten hinter der Kasse stehen, dann machen sie das für gewöhnlich, um mit diesem Nebenjob ihre bescheidenen Finanzen aufzubessern. Für Annie Hanke hingegen gab es vor Kurzem einen ganz anderen Grund, sich bei C&A hinter den Tresen zu stellen und den Kunden ihre frisch erworbenen Kleidungsstücke in Einkaufstüten zu verpacken. Hanke studiert für ein Semester an der Design Thinking School des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts. Zusammen mit einigen Kommilitonen entwirft sie dort zurzeit Tüten. Beim gestrigen Tag der Offenen Tür, „Open House“ genannt, konnten Interessierte von Hanke und ihren Kommilitonen viel über die Arbeitsweise der Denkfabrik in der Babelsberger August-Bebel-Straße erfahren.

Bei Hanke dreht sich zurzeit also alles um die Tüte. Ja, jene schnöden Einkaufsbegleiter sind das Objekt von Hankes momentanem wissenschaftlichen Interesse. In der von Hasso Plattner gegründeten Ideenschmiede hat sie zusammen mit Kommilitonen in den vergangenen Wochen viel über diesen Alltagsgegenstand nachgedacht. Funktional sollen Einkaufstüten sein, natürlich auch chic aussehen – und möglichst umweltfreundlich sein. Hankes Zwischenfazit nach ausgiebiger Beschäftigung mit der Tüte fällt dabei fast philosophisch aus: „Es gibt jetzt nicht die ideale Tüte - die ideale Tüte ist gar keine Tüte“.

Hankes Gruppe ist nur eine von mehreren Studentengruppen, die sich derzeit an der Design-Thinking-School mit den unterschiedlichsten praktischen Problemen und deren Lösung befassen. So zerbrechen sich einige von ihnen gerade den Kopf darüber, wie eine Hochzeitsshow für Menschen mit Behinderungen aussehen könnte, andere wiederum planen ein Festival, auf dem die Belange von Menschen mit Handicap berücksichtigt werden.

Doch was wie eine wirre Ansammlung beliebiger Themen anmutet, hat in der Design-Thinking-School freilich System. Denn so verschieden die Fragestellungen auch sein mögen - das Prinzip der Lösungsfindung ist für alle Probleme dasselbe: Die Studenten, die ursprünglich aus vollkommen verschiedenen Fachrichtungen kommen, bringen dabei ihren jeweiligen fachspezifischen Blick ein und kommen so im besten Falle auf Lösungen, auf die Entwickler nur einer einzigen Fachrichtung womöglich gar nicht gekommen wären. In Hankes Gruppe arbeiten zum Beispiel ein Philosoph, ein Fotograf und eine Informatikerin mit.

Hanke selbst ist Geschäftsführerin einer Kommunikationsagentur in Düsseldorf. Die gestandene Frau, die längst dem üblichen Studentenalter entwachsen ist, kommt für ihr Aufbaustudium regelmäßig von Nordrhein-Westfalen nach Potsdam. In Berlin habe sie für dieses Semester eine Wohnung angemietet. Durchschnittlich zwei Tage pro Woche studiere sie in Potsdam. In der übrigen Zeit geht Hanke ihrer Arbeit in Düsseldorf nach.

Etwa 150 Interessenten haben gestern die Kreativeinrichtung in der August-Bebel-Straße besucht, schätzt Professor Ulrich Weinberg, Leiter der School of Design Thinking. Unter ihnen der Sportstudent Christian Kaufmann. Ihn habe besonders die „kreative und schnelle Arbeitsatmosphäre“ gefallen. In relativ kurzer Zeit komme man hier zu respektablen Ergebnissen, schätzt der Student ein. Angemeldet habe er sich zwar nicht gleich, aber er habe hier in Gesprächen viel Interessantes erfahren. H. Catenhusen

H. Catenhusen

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