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Landeshauptstadt: Überraschung zur Schlössernacht

Ostteil des Sizilianischen Gartens in Sanssouci wurde in seinen historischen Zustand zurückversetzt / Digitale Überlagerung der historischen Pläne mit dem Istzustand / Namensgebung weiter ungeklärt

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Ostteil des Sizilianischen Gartens in Sanssouci wurde in seinen historischen Zustand zurückversetzt / Digitale Überlagerung der historischen Pläne mit dem Istzustand / Namensgebung weiter ungeklärt Welchen Anblick der Sizilianische Garten unterhalb der Maulbeerallee ursprünglich bot, können die Sanssouci-Touristen bei einem Blick auf die Osthälfte des ab 1856 von Peter Joseph Lenné gestalteten Parkteils sehen. Von oben, denn der erneuerte Teil ist noch abgesperrt, weil sich der Wegebelag aus gelb-bräunlich leuchtendem Promenadengrant erst setzen muss. Zur Schlössernacht am 21. August soll er für die Besucher freigegeben werden. Die Werderaner Garten- und Landschaftsbauer der Firma Mallinger sind bei dem Umbau äußerst einfühlsam und exakt vorgegangen, lobt Jörg Wacker, der stellvertretende Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Im Laufe der Jahrzehnte war die durch Rund- und Halbrundteile, Ausweitungen, ovale Ausbuchtungen an den beiden Wasserbecken gekennzeichnete, durch Kantensteine aus handbehauenem Bernburger Kalk klar abgegrenzte Wegeführung „verwaschen“ worden, wie das Wacker nennt. Die Beeteinteilung wurde ebenso verändert wie die Pflanzenauswahl. Die Rückführung auf den ursprünglichen Zustand setzte langwierige Forschungen durch den stellvertretenden Gartendirektor voraus. Dafür war ein Plan des Hofgärtners Theodor Nietner aus dem Jahr 1878 eine wichtige Hilfe. Daraus konnte Jörg Wacker die Pflanzen und Gehölze, die hier wuchsen oder in Kübeln standen, standortgenau zuordnen. Seine Forschungen widerlegten die Ansicht, der Sizilianische Garten sei von vornherein als Gegenpol zum Nordischen Garten angelegt worden. Vielmehr wollte König Friedrich Wilhelm IV. unterhalb des von ihm geplanten Logierhauses eine über die Maulbeerallee hinab reichende Terrassenanlage gestalten lassen. Erst als das Gästehaus wie andere Projekte der unvollendet gebliebenen Triumphstraße auf den Höhen oberhalb Sanssoucis nicht gebaut wurde, entstand an seiner Stelle, überspitzt gesagt als „Notlösung“, der Nordische Garten. Korrigiert werden muss ebenso die bisher mit 1857 bis 1860 angebene Zeitspanne für die Entstehung des Sizilianischen Gartens. Erst nach dem Abriss des Wohnhauses für den Hofgärtner Anton Hillner konnte auch der westliche Bereich endgültig gestaltet werden. Die Arbeiten, bei denen der Ostteil spiegelbildlich übertragen wurde, waren 1866 beendet. Für den westlichen Teil des Gartens wird die Rückführung im Spätsommer in Angriff genommen. Besucher können also jetzt einen Vergleich zwischen diesem und dem bereits fertigen östlichen Bereich ziehen. Er vermittelt stärker als alle Erläuterungen, wie sehr der Garten durch die Wiederherstellung der ursprünglichen Gestalt an Attraktivität gewinnt. Dieser Eindruck wird sich mit der Rückkehr zur originalen Bepflanzung verstärken. Dafür wurden teilweise Interimslösungen getroffen, denn viele der Pflanzen müssen erst herangezogen oder beschafft werden. An der Stützmauer, die den Garten zur Maulbeerallee abschließt, stehen aber bereits wieder Oleander, Buchsbaum und Granatäpfel. Die früher in Blau und Rot gehaltene Brunnennische mit der – derzeit fehlenden – Najade ist besonders dicht mit Kübelpflanzen umstellt, wie es dem überlieferten Bild entspricht. Im großen Rundteil im Herzen des Gartens wurde die Bepflanzung des Mittelbeetes ebenfalls dem ursprünglichen Aussehen angenähert. An den großen halbrunden Bogengängen stehen wieder Lebensbäume, die noch durch Flieder ergänzt werden. Auf dem Mittelbeet wächst u. a. der Neuseeländische Flachs. Liest man Jörg Wackers rekonstruierte Pflanzenliste, dann sind unter anderem auch Irischer Efeu, Pampasgras, Indisches Blumenrohr, Australische Kirschmyrthe zu finden, eine Fülle von Hartlaubgewächsen, ebenso Immergrüne und Nadelgehölze. Dagegen fehlen Palmen fast völlig, auch Orangen machen sich rar. So drängt sich die Frage auf: Und das soll ein italienischer Garten sein? Wacker weist bei seiner Antwort darauf hin, dass für die Gestaltung als Vorbild mehrere italienische Renaissancegärten herangezogen wurden, und die waren, so seine Aussage, ähnlich bepflanzt und keineswegs ein Sommerblumenmeer. Warum der Parkbereich später den Namen Sizilianischer Garten erhielt, bleibt dennoch ungewiss. Eine Erklärung könnte daran liegen, dass die Insel Sehnsucht und südlichstes Ziel vieler Bildungsreisenden (zum Beispiel Goethe und Schinkel) im 18. und 19. Jahrhundert war. Für die Rückführung des Gartens auf den Originalzustand hat der Leiter des Parkbereichs, Sven Hannemann, unabdingbare Vorarbeiten geleistet. Hannemann übernahm unter anderem die digitale Überlagerung der historischen Pläne mit dem Istzustand, eine wichtige Voraussetzung für die Gestaltungsarbeiten, und die Suchgrabungen nach alten Wegeverläufen. In die Beete wurden Wasserzapfstellen verlegt, die die Bewässerung erleichtern. Auch einige andere kleine Tricks moderner Gartenarbeit hat Hannemann angewandt, so das Einfügen von nicht sichtbaren Eisenbändern zur Abgrenzung der Randbepflanzungen zu den Binnenflächen.

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