zum Hauptinhalt
Schwerelose Ästhetik. Holz-Plastiken trotzen der Schwerkraft.

© Andreas Klaer

Von Almut Andreae: Übungen wider die Schwerkraft

Eine Werkstattschau mit Plastik und Skulptur angehender Kunsterzieher der Universität Potsdam

Stand:

„Masse will schweben“, lautete die Regieanweisung von Claudia Güttner. Die Studierenden ihrer Hauptklasse Plastik und Skulptur folgten dem Auftrag, mit einfachen Materialien eine Formensprache zu entwickeln, die Leichtigkeit statt Schwere suggeriert.

Die Beschränkung auf das mit Gips, Styropor und Metall in der Werkstatt der Universität Potsdam hauptsächlich zur Verfügung stehende Material ist nicht unbedingt als ein Manko zu begreifen. Vorausgesetzt man begreift die gleichgestellte Materialsituation als Herausforderung, diese gewisse Restriktion mit eigenen Gestaltungsideen kreativ zu kontern. Ein ganzes Sommersemester Zeit hatten die 13 Studierenden, deren Arbeiten nun im unteren Foyer des Universitätskomplexes III in Babelsberg-Griebnitzsee zu sehen sind, um sich auf ihre Werkstattschau vorzubereiten.

Claudia Güttner befürwortet den positiven Nebeneffekt ihrer Lehrveranstaltung, der den Studierenden die Gelegenheit gibt, sich von Semester zu Semester im Rahmen einer kleinen Ausstellung nach außen hin zu präsentieren. Dabei kann es im Falle von Lehramtsstudenten im Fach Kunsterziehung nicht darum gehen, die eigenen Arbeiten als Kunstwerke im engeren Sinne des Wortes vorzuführen. Die Qualität ihrer Beiträge bemisst sich vielmehr an der handwerklichen Umsetzung der Aufgabenstellung, wie beispielsweise aktuell Leichtigkeit trotz Masse zu inszenieren. Wem es darüber hinaus gelungen ist, durch originelle Formgebung und Präzision in der Ausarbeitung zu glänzen, hat außer der Pflicht die Kür gleich mit erfüllt.

Hervorzuheben ist an dieser Stelle die durch ihre Leichtigkeit auffallende, in sich gedrehte Schleifenform von Theresa Lange, außerdem die auf Durchblick setzende Skulptur von Elisa Hargesheimer – beide aus Gips und Styropor. Formschön in ihrer Schlichtheit ist außerdem die Arbeit „Öffnung“ von Ulrike Wendland, ebenfalls aus Gips mit einem Kern aus Styropor. Buchstäblich ein bisschen aus der Reihe tanzt Ivonne Zarboks „Tanzende Venus“. Selbstbewusst widersetzt sich die kompakte Form dem vorgegebenen Arbeitsauftrag und setzt der geforderten Leichtigkeit wohlgerundete Volumina entgegen. Sehr viel Venus steckt in dieser torsoartigen Figur, allein der Tanz bleibt auf der Strecke.

Eine gänzlich andere Richtung dreidimensionaler Gestaltung verfolgten die Studierenden, die den Werkstoff Metall wählten. Vergleichbar in der Vorgehensweise mit ihren Kommilitonen , die ihre Arbeiten nach zuvor gefertigten handgroßen Modellen aus Ton ausführten, realisierten sie ihre geklebten Stäbchen-Modelle in geschweißten, mittelformatigen Arbeiten aus Metall. Weniger kompakt als die Plastik aus Gips und Styropor daherkommend haben die Metallkonstruktionen in puncto Schwerelosigkeit definitiv den leichteren Stand.

Formschön und überzeugend in der gesamten Ausführung ist die sich diagonal in den Raum schwingende, sich wie eine Schale öffnende Struktur aus sich kreuzenden Metallstäbchen von Jeanett Beese mit dem Titel „Bora – kalter Windstoß“.

Alternativ zu den Gips- und Metallarbeiten wählten zwei Studierende den Werkstoff Holz bzw. Furnier. Victoria Grey hat aus Ahorn zwei abstrakte Formen geschaffen, die sich bis auf einen Spalt wie zu einem Paar aneinanderschmiegen. In Kontrast zu ihrem massiger Korpus tritt hier jeweils eine kreisrunde Öffnung. „Ansicht – Durchsicht – Einsicht“, so der Titel dieser Arbeit, hätte sich alternativ zu „(Un)schwer II“ als Ausstellungstitel eigentlich auch ganz prima gemacht: Die Einstellung der Studierenden, sich trotz vielfältiger Studienverpflichtungen, mehr oder weniger engagiert auf eine Werkstattschau einzulassen, ist nun einmal Ansichtssache. Aus der Bereitschaft, die gemeinsame Auseinandersetzung mit schwereloser Ästhetik dreidimensionalen Formens mit eigenen Ideen zu gestalten, resultiert entsprechend die Durchsicht. Das Verhältnis von Anspruch und Umsetzung ist schließlich eine Frage der Einsicht.

Die Werkstattschau „(UN)SCHWER II“ ist geöffnet bis zum 19.12.: Mo-Fr 7-22 Uhr, Sa 7-15 Uhr, Uni-Campus III, August-Bebel-Str. 89 Haus 1, unteres Foyer.

Almut Andreae

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })