zum Hauptinhalt

Von Guido Berg: Ud Joffe bekräftigt Synagogen-Kritik

Jüdischer Dirigent legt Korrekturplan vor / Vorwurf gegen Mentrup / Schüler: Argumente überzeugen nicht

Stand:

Innenstadt - Im Streit um die künftige Potsdamer Synagoge in der Schlossstraße verschärft der jüdische Dirigent Ud Joffe den Ton: Als „scheindemokratisch“ bezeichnet er den Willensbildungsprozess um das neue jüdische Gebetshaus in Potsdam. So sei der Vorsitzende des Synagogenbauvereins, Horst Mentrup, bereits im Frühjahr 2008 – also noch vor dem Architektenwettbewerb – anhand der Machbarkeitsstudie vom Potsdamer Rabbiner Nachum Presman davor gewarnt worden, den Gebetsraum in das zweite Obergeschoss zu legen. Dieser Einwand sei von Mentrup weggewischt worden mit den Worten: „So wurde entschieden.“ Die Kritik Presmans an den Plänen sei „respektlos unterdrückt worden“, so Joffe gestern gegenüber den PNN. Mitspracherechte von Potsdamer Juden habe es kaum gegeben. Selbst innerhalb des Bauvereins sei dies für einfache Vereinsmitglieder nur schwer möglich gewesen, da es seit der Bekanntgabe der Ergebnisse des Architekturwettbewerbs bislang lediglich im März 2010 eine Vereinsvollversammlung gab, in der der Synagogenentwurf des Architekten Jost Haberland hätte diskutiert werden können. Ud Joffe und weiteren Synagogenkritikern war der Zutritt untersagt (PNN berichteten). „Und das nennen sie ein offenes und transparentes Verfahren“, sagte Joffe gestern.

Seiner Ansicht nach habe „der Vorstand des Bauvereins den historischen Auftrag zum Wiederaufbau der Potsdamer Synagoge verraten“. Joffe kritisiert insbesondere die seiner Ansicht nach mangelnde Attraktivität und Erkennbarkeit des Haberlandschen Synagogenentwurfes. Joffe: „Es wird ein Verwaltungsgebäude mit integriertem, verbunkertem Gebetsloch.“ Dabei bezieht Joffe sich auf die fehlenden Fenster im Gebetssaal und die geplante Sicherheitsschleuse am Eingang.

Joffe zeigte den PNN gestern Korrekturentwürfe, die die Grundzüge des Haberland-Entwurfes akzeptieren, im Inneren jedoch einen vergrößerten Gebetssaal ab der ersten Etage vorsehen. Um den Gebetssaal um das Doppelte zu vergrößern, hätten lediglich zwei der geplanten Büros wegfallen müssen. Äußerlich verwendet Joffe „postgotische“ Elemente, die das Gebäude „milder, orientalischer“ machen sollen. Vorbild dafür sei der Dogenpalast in Venedig.

Mit seinem eigenen Korrekturentwurf, den Joffe neben Peter Schüler vom Vorstand des Synagogenbauvereins auch dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) jüngst vorlegte, hatte der Projektkritiker gehofft, bereits weitgehende Zugeständnisse an den Haberland-Entwurf gemacht zu haben. Joffe fügte seinem Korrekturentwurf auch vier Stellungnahmen von namhaften Rabbinern aus Brüssel, Paris und Jerusalem bei, die gleichsam erklärten, grundsätzlich solle ein Gebetsraum im Erdgeschoss gebaut werden. Die Benutzung eines Fahrstuhls sei zu vermeiden. Das gelte auch für einen sogenannten Schabbat-Aufzug, der ohne Betätigen eines Schalters funktioniert. Dies ist Juden am Schabbat-Feiertag untersagt.

Der Vorsitzende des Synagogenbauvereins, Horst Mentrup, wollte sich gestern nicht im Einzelnen äußern. Er sagte lediglich, die Positionen zwischen dem Bauverein und der Jüdischen Gemeinde auf der einen und Ud Joffe auf der anderen Seite seien „offensichtlich nicht zu vereinbaren“. Bauvereinsvorstand Peter Schüler erklärte, Joffe und den Vertretern der Bürgerinitiative Mitteschön, die ebenfalls eine repräsentativere Synagoge fordern, sei „mit großer Geduld“ zugehört worden. Schüler: „Aber sie haben nicht überzeugt.“ Joffes Fassadenentwurf erinnere ihn „an eine verkorkste Mischung aus Moschee und gotischer Kirche“. Joffes Vorschläge seien mit dem Haberland-Entwurf nicht vereinbar. Sollte dem gefolgt werden, müsste es einen neuen Wettbewerb geben. Damit wären viele Planungsgelder umsonst ausgegeben worden; das gesamte Projekt, für das im Juni oder Juli 2011 der Grundstein gelegt werden soll, könnte erst drei bis fünf Jahre später realisiert werden. „Dafür reichen die Argumente nicht aus“, resümiert Schüler. Viele Vorwürfe Joffes seien bereits entkräftet worden. Allerdings räumte Schüler ein, dass es in Israel einen „heißen Streit“ um die Möglichkeit von Schabbat-Aufzügen gibt. Letztlich hofft Schüler, auch Vorsitzender der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung, dass die Synagoge, wenn sie einmal steht, aufgrund der Atmosphäre und Erhabenheit des Gebetssaales doch noch einige Skeptiker überzeugen kann. „In der Praxis zeigt sich vieles verträglicher.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })