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Landeshauptstadt: Uferlos

Stadt vor neuer Niederlage im Griebnitzsee-Streit

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Babelsberg - Potsdams Stadtspitze rüstet sich für eine erneute juristische Niederlage im Ufer-Streit. Sollte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) den aktuellen Bebauungsplan für das Griebnitzsee-Ufer am 28. Mai für nichtig erklären, tritt das Stadtparlament um 20.30 Uhr am selben Tag zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Dann sollen die Stadtverordneten die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans, eine Veränderungssperre und ein Vorkaufsrecht der Ufergrundstücke für die Stadt beschließen. Das kündigte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im Sender Potsdam TV an.

Nach PNN-Informationen geht aus den sogenannten richterlichen Hinweisen, wie sie von Gerichten an Verfahrenbeteiligte verschickt werden, unter anderem hervor, dass der geplante Uferpark aufgegeben werden muss. Mit dem Park habe die Stadt Privateigentum zu üppig in Anspruch nehmen wollen. Darauf hat die Stadtspitze offenbar schon reagiert. Im Beschlusstext für den neuen Bebauungsplan heißt es, die „Möglichkeit der Ausweitung privater Ufernutzung unter gleichzeitiger Sicherung von öffentlichen Zugangsbereichen in regelmäßigen Abständen“ solle überprüft werden – und damit einhergehend auch der Verlauf des Uferwegs. Dies entspricht der von SPD, CDU und Grünen bereits erklärten Kompromissbereitschaft, den Uferpark zu verkleinern und Anrainern die Nutzung des unmittelbaren Seezugangs zu ermöglichen, wenn der Uferweg bleibt.

Mit den Not-Beschlüssen des Stadtparlaments will Oberbürgermeister Jakobs offenbar aus Sicht der Stadt drohende Rechtslücken schließen. Denn erklärt das OVG den Bebauungsplan für ungültig, sind damit auch alle Pläne der Stadt für Uferweg und Uferpark vom Tisch. Ohne Veränderungssperre könnten die Anrainer ihre Grundstücke weiter bebauen. Ein Vorkaufsrecht der Stadt für den Uferstreifen – rund 20 000 Quadratmeter gehören dem Bund – gibt es bisher nicht. Die Stadt hat laut Jakobs lediglich mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) eine Rücksprache bei Verkäufen vereinbart.

Für das Vorkaufsrecht beruft sich die Stadt auf den Flächennutzungsplan, der am Ufer eine Grünfläche vorsehe, auf das Gemeinsame Landesentwicklungsprogramm (LEPro) und auf die Landesverfassung. Im LEPro heiße es, dass die „öffentliche Zugänglichkeit und Erlebbarkeit von Gewässerrändern () erhalten oder hergestellt“ werden sollen. Die Landesverfassung verpflichtet Land und Kommunen, Zugang zu Seen freizuhalten oder zu eröffnen. Über die juristische Interpretation – also darüber, ob Rundwege um Seen oder lediglich Zugänge gemeint sind – hat jüngst selbst das Landeskabinett mit Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestritten (PNN berichteten).

Angesichts der Äußerungen Schönbohms, im Potsdamer Konflikt über Enteignungen zu sprechen sei völlig verfrüht, hat die Stadt gestern bekräftigt, diese als letztes Mittel zu sehen. Man befinde sich, das zeige das Mediatorenverfahren, in der Phase der Verhandlungen. Oberbürgermeister Jakobs sagte, Enteignungen anzustrengen müsse „sorgsam überlegt sein“. Denn die Stadt müsse dann die Ufergrundstücke kaufen und den Wertverlust der Grundstücke entschädigen. Den Preis bestimmten Gutachter. Nach PNN-Informationen soll der Quadratmeter Uferland mindestens 350 Euro kosten; für die Wertminderung sollen 100 Euro pro Quadratmeter gezahlt werden müssen. Damit müsste die Stadt für den gesamten Weg nach PNN-Informationen rund 20 Millionen Euro ausgeben. Geld, über das die Stadtverordneten beschließen müssten, sagte Jakobs – „und das dann in den Haushalt eingestellt“ würde. SCH/pet

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