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Landeshauptstadt: Uferweg: Kirschs Anfrage darf nicht zum Parteiausschluss führen

„Schubert droht Kirsch mit Rausschmiss“, 1. September 2006Eine parlamentarische Anfrage ist ein in jedem demokratischen Gremium übliches Verfahren zur Meinungsbildung, das in keinster Weise Ausdruck einer Vermengung privater und mandatsbezogener Interessen sein kann.

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„Schubert droht Kirsch mit Rausschmiss“, 1. September 2006

Eine parlamentarische Anfrage ist ein in jedem demokratischen Gremium übliches Verfahren zur Meinungsbildung, das in keinster Weise Ausdruck einer Vermengung privater und mandatsbezogener Interessen sein kann. Im Gegenteil: Eine Fraktion, in diesem Fall die SPD-Fraktion des Potsdamer Stadtparlaments, muss eine solche Anfrage in jedem Fall tolerieren, auch wenn es die eines eigenen Parteimitglieds ist und dazu eine mehrheitlich eher missliebige Position darstellt.

Wolfhard Kirsch hat bei anderen Formen demokratischer Gremienarbeit, wie Anträgen und Beschlüssen, als Eigentümer am Griebnitzsee wenigstens in jüngster Zeit immer seine Befangenheit erklärt, wenn es um den Uferweg ging. Eine parlamentarische Anfrage zum Anlass zu nehmen, ihn zum Mandatsverzicht zu bewegen, beziehungsweise die Parteigremien zu informieren, wohl um damit einem Parteiausschlussverfahren einzuleiten, verstößt gegen jedes demokratische Grundrecht. Insofern ist es mir völlig schleierhaft, wie Kirschs bloßer Hinweis auf ein Gerichtsurteil, bei dem festgestellt wurde, dass die Stadt kein Vorkaufsrecht für die Ufergrundstücke am Griebnitzsee hat, bereits zu dieser Reaktion führen kann. Eigentlich müsste man nach diesem Vorfall fragen, was für den Potsdamer Stadtrat Gerichtsurteile denn überhaupt darstellen, handelt es sich für ihn dabei etwa um „feindliche Meinungsäußerungen“?

Viele Einwohner am Griebnitzsee – dabei handelt es sich eben auch um Bürger Potsdams – sehen in Wolfhard Kirsch sehr wohl einen demokratisch legitimierten Vertreter ihrer Interessen. Auch von daher kann also der Vorwurf nicht stimmen, Herr Kirsch argumentiere ausschließlich in privatem, in eigenem Interesse, wenn er eine solche Anfrage stellt.

Auch wenn eine Minderheit, wie die Bewohner der Virchowstraße, ihre Eigentümerinteressen beeinträchtigt sieht und deshalb juristische Wege gegen die Kommune Potsdam als den in ihren Augen verursachenden Part dieser Beeinträchtigungen beschreitet, muss die Stadt diesen demokratischen Weg akzeptieren. Immerhin handelt es sich bei den meisten Grundstücken am Griebnitzsee um privates Eigentum. Da würden die meisten Bürger ihre Interessen juristisch klären lassen. Mehr noch: Die Stadt muss die Uferanrainer als juristische Partei in diesem Findungsprozess des Rechts sogar schützen, denn es handelt sich um ihre eigenen Bürger und Steuerzahler, die ihre Interessen als Einwohner vertreten – egal, welches Urteil letztlich fällt.

Es mag diese an sich naheliegende Rechtsauffassung verwundern, sie ist jedoch nichts weniger als ein Grundbaustein unseres Rechtsstaates.

Zur Zeit hat man jedoch den Eindruck, dass die Stadt in populistischer Weise den Sozialneid schürt und den Uferweg am Griebnitzsee zum „Kronjuwel“ des öffentlichen Interesses hochstilisiert. Wie soll man es anders verstehen, wenn Oberbürgermeister Jann Jakobs in Bezug auf den Griebnitzsee immer wieder von „Privilegierten“ oder auch den „privilegierten Villenbesitzern“ spricht und diese den „Normalbürgern“ gegenüberstellt?

Der Blick auf die Wählerstimmen ist bei einem Thema, bei dem sich in breiten Bevölkerungsschichten schnell eine konsensfähige Mehrheit herstellen lässt, offenbar nur allzu verlockend.

Dr. Kilian Heck, Potsdam/Berlin

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