Landeshauptstadt: Uferweg nach Gerichtsbeschluss wieder frei
Stadt beseitigte Sperrungen, Sicherheitsdienst abgezogen / Anwohner legen Beschwerde ein
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Babelsberg - Der Uferweg am Griebnitzsee ist seit gestern Nachmittag wieder frei. Um 16.30 Uhr beseitigte das Potsdamer Ordnungsamt die Sperrungen, die etwa ein Dutzend Grundstückseigentümer am Montagmorgen errichtet hatten (PNN berichteten). Die von den Anrainern eingesetzten Wachschützer wurden abgezogen. Dabei gab es keine Zwischenfälle. Zuvor hatte das Potsdamer Verwaltungsgericht der Stadt per Eilentscheidung erlaubt, den Weg wieder frei zu machen. Lediglich Zwangsmittel – also eine Räumung mit Gewalt, wie die Stadt sie angedroht hatte – hat das Gericht nicht gebilligt. Oberbürgermeister Jann Jakobs sagte, das Verwaltungsgericht habe „die ebenso besonnene wie klare Haltung der Potsdamer Stadtverwaltung unterstützt“. Dies sei ein wichtiges Zeichen für die Interessen einer breiten Mehrheit der Potsdamer. Die Stadt werde sich nun bemühen, das Bebauungsplan-Verfahren für einen öffentlichen Uferpark „zügig und konzentriert“ weiter fortzusetzen.
Weil die Ordnungsverfügung der Stadt – mit dieser wurde die Freigabe des Uferwegs formell durchgesetzt – „weder offensichtlich rechtsmäßig noch offensichtlich rechtswidrig“ sei, beriefen sich die Richter bei ihrer gestrigen Entscheidung auf eine Interessenabwägung. Das Ergebnis: Die Sperrung des Uferwegs war ein rechtswidriger Eingriff in den Straßenverkehr, da der Weg durch Verkehrsschilder als Fahrradweg gekennzeichnet sei. Zudem sei es den Anliegern zuzumuten, dass der Uferweg in dem Zustand bleibe, der seit 1990 bestehe: nämlich als öffentlicher Weg. Dies gilt allerdings nur unter dem Vorbehalt der Urteile in den anliegenden Hauptsacheverfahren.
Die Grundstücksbesitzer kündigten gestern an, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts in der nächsten Instanz – beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg – Beschwerde einzulegen. Darüber hinaus bleibt die Sperr-Aktion für sie offenbar folgenlos. Ordnungsgelder würden nicht verhängt, die Anrainer müssten lediglich die Rechtskosten übernehmen, so Potsdams Rechtsamtschefin Karin Krusemark. Sie wertete die Entscheidung des Verwaltungsgerichts als schwerwiegend für die ausstehenden Hauptsacheverfahren. In diesen soll endgültig geklärt werden, ob der Uferweg ein öffentlicher Weg ist. „Im Zweifel für die Öffentlichkeit“ – dieses Signal habe das Gericht mit dem gestrigen Beschluss gegeben, so der von der Stadt beauftragte Rechtsanwalt Uwe Graupeter. Damit würden bis zur endgültigen juristischen Klärung auch keine weiteren Sperrungen erlaubt sein – oder die Stadt könnte diese sofort beseitigen, ohne vorher wie jetzt noch geschehen einen Gerichtsbeschluss abzuwarten.
Die Anrainer, die ihre Grundstücke mit Flatterbändern abgesperrt hatten, wollten die Gerichtsentscheidung gestern nicht kommentieren. Sie hatten gestern Vormittag wie erwartet per Eilantrag beim Verwaltungsgericht Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung der Stadt eingelegt – ebenso die angebliche private Sicherheitsfirma. Beide Eilanträge hat das Gericht abgelehnt. Damit durfte die Stadt ihre Ordnungsverfügung umsetzen. Sie beinhaltete die Beseitigung der Absperrbänder, die Freigabe des Weges und ein Verbot, den Weg mit anderen Gegenständen zu versperren. Um dies selbst zu tun, hatte die Stadt den Anrainern eine Frist bis 12 Uhr mittags gesetzt – weil nichts geschah, folgte nach 34 Stunden Sperrung der „sofortige Vollzug“ durch das städtische Ordnungsamt.
Von Spaziergängern und Nachbarn wurden „der Mann mit der Schere“ – Bereichsleiter Christian Schiemann aus dem Ordnungsamt – und das „Band-Durchschneiden“ am Uferweg gestern Nachmittag mit Applaus bedacht. Nur wenige Minuten, nachdem der Weg wieder frei war, wurde er von Radlern und Passanten bevölkert. Vereinzelt noch anwesende angebliche Sicherheitskräfte dagegen zeigten sich verwundert darüber, dass sie „abgezogen“ seien. Auf den Hinweis der Stadt-Justiziare, sie müssten den Uferweg nun verlassen, erwiderte einer: „Das ist doch ein öffentlicher Weg.“ Bekannt wurde gestern außerdem, dass die Anrainer keinen privaten Sicherheitsdienst mit der Aufsicht über die Sperrungen beauftragt hatten, sondern die „Bauwerkstatt Potsdam“, ein Babelsberger Bauunternehmen.
Signale der Anrainer, nach der Eskalation wieder zu Gesprächen mit der Stadt bereit zu sein, gab es gestern nicht. Die Verwaltung dagegen setzt weiter auf eine Verhandlungslösung. Diese ist am 2,8 Kilometer langen Uferweg mit rund 80 Grundstücken bereits umgesetzt: Drei Anrainer haben der Stadt eine so genannte Dienstbarkeit – also ein Wegerecht – für den öffentlichen Uferweg auf dem ehemaligen Kolonnenweg der DDR-Grenzer eingeräumt. In der Folge konnten sie den Uferweg zum Wasser hin verschieben und ihre Grundstücke vergrößern. Ansonsten gilt am Griebnitzsee-Ufer bis Februar 2008 eine so genannte Veränderungssperre. Sie verbietet den Anrainern Bauarbeiten, bis der Bebauungsplan für den Uferpark in Kraft ist. Er soll noch in diesem Jahr von den Stadtverordneten beschlossen werden.
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