Links und rechts der Langen Brücke: Ulbricht und Schinkel
Henry Klix über die Kollision des Stadtschlosses mit dem Institut für Lehrerbildung
Stand:
Eine Stadt ohne Vergangenheit – so haben SED-Ideologen Potsdam neu geplant. Stadtschloss und Garnisonkirche waren nicht die einzigen Baudenkmale, die auf der Abrissliste standen. Renitente Fachleute (die sich manche Beule holten) und die Geschichte verhinderten, dass die Stadtsilhouette heute nicht noch schlimmer von sozialistischen Platten-Skyscrapern geprägt ist. Für das Stadtschloss hat es nicht gereicht. Das Stadtbild – ein Kompromiss zwischen Ulbricht und Schinkel – widersetzt sich heutigen Ansprüchen, es hat seinen Reiz, die architektonische Uhr um 63 Jahre zurückzudrehen, die Garnisonstadt an der Havel wieder zur preußischen Perle zu polieren. Und die Stadtverordneten haben nach der Wende ja tatsächlich entschieden, sich der alten Mitte anzunähern: Mit dem Stadtschloss bekommt der Beschluss seine Ellenbogen, der Theaterabriss war nicht genug. Das Landesamt für Denkmalpflege hat dem Teilabriss des früheren Instituts für Lehrerbildung zugestimmt. Landeskonservator Detlef Karg stellt ganz richtig fest, dass es sonst gar nicht möglich ist, sich dem historischen Bild zu nähern. Das Bibliotheksgebäude am Platz der Einheit – also der Nordflügel des Gebäudekarees – soll bleiben. Ist das konsequent? Und ist es nicht besser, die Chance zu nutzen, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen? Die Einstellung zum Denkmalwert ändert sich im Laufe der Jahre, sagt Detlef Karg. Ein denkwürdiger Satz. Sicher gibt es aus der DDR-Ära Zweckbauten ohne Wert, unbrauchbare Strukturen einer Stadt, die den Berliner Ausgang verloren hatte. Doch Geschichte ist alles, was geschehen ist – nicht nur ein Ausschnitt davon. An prägnanter Stelle sollte man sich vom bröselnden Putz nicht täuschen lassen: Am Aufmarschplatz der Maidemonstrationen hat der Arbeiter- und Bauernstaat gezeigt, was er baulich zu bieten hat. Die Gebäudestruktur hat Vorbilder und Nachahmer – auch in den „alten Ländern“. Und über die (mal mehr und mal weniger politisch beeinflusste) Moderne in der Baukunst stritten sich die Geister bekanntlich vor 100 Jahren schon genauso wie heute – siehe IHK-Neubau, Potsdam-Center, Wilhelmgalerie Letztlich ist diese Architektur Ausdruck eines Zeitgeistes, mehr noch vielleicht das einstige Institut für Lehrerbildung. Nur Ideologen werden fordern, es aus dem Stadtbild vollständig zu tilgen.
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