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Landeshauptstadt: Ultimatum im Synagogenstreit

Staatssekretär Gorholt will Sakralbau notfalls ohne die Synagogengemeinde um Ud Joffe errichten

Von Katharina Wiechers

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Innenstadt - Der schon seit über vier Jahren schwelende Streit innerhalb der jüdischen Gemeinschaft in Potsdam droht zu eskalieren: Wissenschaftsstaatssekretär Martin Gorholt (SPD), der in der Debatte um den Neubau der Synagoge seit Langem zu vermitteln versucht, sprach am gestrigen Mittwoch ein Ultimatum aus. Er schließt nicht mehr aus, dass die Synagoge nur für zwei der drei jüdischen Gemeinden in Potsdam gebaut wird und die Synagogengemeinde außen vor bleibt. „Im Januar müssen wir entscheiden, ob wir das Projekt mit allen drei Gemeinden realisieren können“, sagte er den PNN.

Hintergrund ist ein Streit um die Raumaufteilung im Inneren der neuen Synagoge an der Schloßstraße. Während die Jüdische Gemeinde Potsdam und die Gesetzestreue Jüdische Landesgemeinde laut Gorholt in der ersten Etage Veranstaltungsräume sehen wollen, pocht die Synagogengemeinde darauf, dass im ersten Stock die eigentliche Synagoge untergebracht wird. Nach dem erst im Sommer verabredeten Fahrplan zwischen Gorholt und allen drei Gemeinden sollte dieser Punkt eigentlich schon im Oktober geklärt werden, um danach über die ebenfalls strittige Fassadengestaltung sowie die Trägerstruktur zu sprechen. Doch bis jetzt ist schon beim ersten Streitpunkt keine Einigung in Sicht, und Gorholt hat offenbar die Zuversicht verloren. „Ich sehe momentan nicht, wie es da zu einem Konsens kommen kann“, sagte er gestern.

Eigentlich sollte die Synagoge auf dem Eckgrundstück an der Schloßstraße schon längst stehen. Doch der 2009 vorgestellte Entwurf des Berliner Architekten Jost Haberland, der sich bei einem Wettbewerb durchgesetzt hatte, stieß bei einigen Mitgliedern der jüdischen Gemeinschaft auf heftige Kritik. Vor allem die Fassade schien einigen zu wenig sakral, aber auch an der Raumaufteilung im Inneren gab es Kritik.

Der Streit verschärfte sich und mündete in einer Teilung innerhalb der Gemeinschaft. So traten einige Mitglieder aus der Jüdischen Gemeinde Potsdam aus und gründeten unter dem jüdischen Dirigenten Ud Joffe die Synagogengemeinde.

Weil sich der Streit immer weiter verschärfte, verhängte die Brandenburger Landesregierung als Geldgeber im Juni 2011 einen Baustopp. Seitdem versucht Staatssekretär Gorholt zwischen den Gemeinden zu vermitteln, auch eine Mediation wurde 2012 durchgeführt. Eine jüdische Organisation hielt sich dabei zunächst demonstrativ raus, nämlich die Gesetzestreue Jüdische Landesgemeinde. Doch seit einigen Monaten sitzt auch sie mit am Tisch, was nun offenbar die Position der Synagogengemeinde schwächt.

Ud Joffe will sich und seine Synagogengemeinde aber nicht abdrängen lassen. „Wir werden unser Recht auf eine Synagoge nicht aufgeben“, sagte er gestern auf PNN-Anfrage. Er wirft den beiden anderen Gemeinden eine Blockadehaltung vor. Aber auch Gorholt hat in seinen Augen Fehler gemacht. So hätte der Staatssekretär eine Kommission einsetzen müssen, nachdem im August der Minimalkonsens zwischen den Gemeinden erreicht war, sagte Joffe. Diese Kommission hätte Anhörungen und Workshops durchführen und so zu einem Ergebnis kommen können. Stattdessen seien weiter die Vertreter der Gemeinden an einen Tisch gesetzt worden – ergebnislos. „Vielleicht muss Herr Gorholt einsehen, dass es sich hier um Konzepte handelt, die sich diametral entgegenstehen“, sagte er. Joffe schlägt deshalb eine gemeinsame Synagoge für alle drei Gemeinden und je ein separates Gemeindezentrum vor. Die alte Potsdamer Synagoge stand neben der Post am Wilhelmplatz (heute Platz der Einheit). 1938 wurde sie von den Nationalsozialisten geschändet und die Gemeinde gezwungen, das Gebäude zu verkaufen. Während des Krieges wurde die Synagoge durch Brandbomben zerstört. An der Schloßstraße soll nun endlich ein neues Gotteshaus für die Potsdamer Juden entstehen – im Januar wird sich entscheiden, ob mit oder ohne Synagogengemeinde. Die Zeit drängt: 4,5 Millionen Euro hält die Landesregierung für den Synagogenbaubereit, doch im Herbst 2014 endet die Legislaturperiode. Zumindest die Bauarbeiten müssen also bis dahin begonnen werden, sonst steht das komplette Projekt auf dem Spiel.

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