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Beengte Verhältnisse. Die Lehrveranstaltungen von Prof. Heinz-Dieter Heimann sind regelmäßig überfüllt.

© Andreas Klaer

Von Susanna Maier: Um vier Uhr morgens aufstehen

Die Potsdamer Universität platzt aus allen Nähten: Über 17 Prozent mehr Studierende als 2007

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Die Hoffnung auf einen Platz im Seminar treibt Studierende der Potsdamer Uni derzeit in die Verzweiflung. „Manch einer steht hier um vier Uhr morgens auf, um sich als Erster in die Einschreibelisten für die Kurse eintragen zu können“, berichtet eine Germanistik-Studentin der Universität Potsdam. Wer pünktlich oder zu spät zum Einschreibetermin eintraf, hätte sich auf zwei bis drei Stunden Wartezeit auf engstem Raum einstellen müssen, sagt die Studentin. „Ich fühle mich manchmal wie im Hühnerstall“, sagt eine andere Studentin. „Wenn die Studierendenzahlen weiter ansteigen, bekommen wir ein immenses Raumproblem“, erklärte die Sprecherin der Universität Potsdam, Janny Armbruster. In diesem Wintersemester hat die Universität zum ersten Mal 20 600 Studierende, darunter 4800 Studienanfänger. Das sind 17,3 Prozent mehr als im Vorjahr.

Zwar freut sich Armbruster über die Beliebtheit der Universität, dennoch würde das System der Hochschule langfristig kollabieren, sollte es so weitergehen. Vor allem Studiengänge wie Volkswirtschaftslehre aber auch die Geisteswissenschaften seien stark überfüllt. „Wir befinden uns gerade in Abstimmungen mit der Hochschule, ob sich kurzfristig greifende räumliche Lösungen finden lässt“, sagt Holger Drews, Sprecher des Wissenschaftsministeriums. Dennoch sei in erster Linie das organisatorische Geschick der Hochschule gefragt, erklärt er. Dass die Hochschule unterfinanziert sei, könne man nicht pauschal sagen. Schließlich habe das Ministerium seit Gründung der Universität 337 Millionen Euro in Bauten und Ausstattung investiert, sagt Drews.

Trotzdem gebe es etwa am Neuen Palais großen Platzmangel, sagt AStA-Sprecher Tamas Blenessy. „Wir brauchen dringend neue Räume“, betont er. Manche Kurse seien mittlerweile hoffnungslos überfüllt, so Blenessy. Eine Philosophie-Studentin bestätigt, dass es inzwischen Kurse gebe, zu denen fast 400 Studierende zugelassen wären, und trotzdem würde noch eine hohe Zahl auf der Warteliste stehen. Aufgrund der hohen Zahlen seien viele Seminare auf eine bestimmte Anzahl von Studierenden begrenzt worden, sagt Blenessy. Studierende die nicht zugelassen werden, könnten später ihre Regelstudienzeit nicht mehr einhalten, und würden dann etwa Probleme bei der BAföG-Beantragung bekommen, sagt er. „Es kann nicht sein, dass man aufgrund von mangelnden Stühlen länger studieren muss.“

Überfüllt sind laut Uni vorwiegend die zulassungsfreien Studiengänge. Einen flächendeckenden NC habe das Land Brandenburg allerdings nicht genehmigt, sagt Armbruster. Dies sei auch nicht sinnvoll, so Ministeriumssprecher Drews. Schließlich stehe die überwiegende Zahl der Studienangebote im Land nicht vor der Überlastung. Um die Universität zu entlasten, seien zum Wintersemester die Zahl der zulassungsbeschränkten Studiengänge an der Universität erhöht worden, erklärt Drews. Auch wenn es um die Berechnung der Studienanfängerzahl geht, hat die Universität eine andere Auffassung als das Land. Obwohl im Hochschulpakt 2020 zwischen Bund und Ländern verabredet wurde, dass man die Studienanfängerzahl vom Jahr 2005 halten müsse, sei diese Zahl nun systematisch überschritten worden, sagt die Sprecherin der Universität.

Um Studierende und Lehrende nun zu entlasten, schlägt AStA-Sprecher Blenessy vor, dass besonders überfüllte Veranstaltungen via Internet stattfinden könnten. „Studierende müssen einfach die Chance haben, an der Lehre teilzunehmen“, betont Blenessy. Es müsse außerdem noch mehr für die Qualität der Lehre getan werden, betont er. Vor allem der Personalmangel dürfe nicht länger anhalten. Mittlerweile würden bereits studentische Hilfskräfte Arbeiten erledigen, die eigentlich Aufgabe der Professoren seien, sagt Blenessy. Deshalb fordert der AStA noch mehr finanzielle Unterstützung für die Universität. „Die brandenburgischen Hochschulen haben die notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen, um ein qualitätsvolles Studium mit angemessenen Betreuungsverhältnissen zu sichern“, sagt jedoch Holger Drews. Aus dem Hochschulpakt 2020 hätten die Hochschulen 2007/8 rund drei Millionen Euro erhalten. Die Qualität der Lehre könne auch mit anderen Mitteln verbessert werden, etwa durch eine strukturierte Studieneingangsphase, so Holger Drews.

Susanna Maier

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