Landeshauptstadt: Umzug in Lerchensteig sei „unmenschliche Ghettoisierung“
Asylbewerber aus der Kirschallee wünschen Verbleib im Bornstedter Feld – die Hoffnungen schwinden
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Asylbewerber aus der Kirschallee wünschen Verbleib im Bornstedter Feld – die Hoffnungen schwinden Bornstedter Feld. Die Befürchtungen werden realer, je näher der August 2004 rückt. Zwar weiß noch niemand den genauen Umzugstermin der Asylbewerber, die dann von der Kirschallee 6 f in den Lerchensteig ziehen sollen, dagegen wehren wollen sich jedoch die meisten. Bemängelt werden vor allem die schlechte Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr. Zweimal pro Stunde fährt der Bus am künftigen Standort vorbei. „Wir haben mindestens fünfzehn Bewohner, die eine Arbeitserlaubnis haben und einer Tätigkeit nachgehen“, so die Leiterin der Einrichtung in Malteser-Trägerschaft, Susi Janus. Das seien Jobs – meist im Gastronomiebereich oder als Zimmermädchen – zu sehr ungünstigen Zeiten, meist sehr früh oder sehr spät. „Die Befürchtung ist groß, aufgrund der schlechten Anbindung, der Arbeit nicht mehr nachgehen zu können.“ Auch über die künftigen Räumlichkeiten wurde man bisher noch nicht informiert. „Dabei bietet der Wohnblock sehr gute Bedingungen“, erklärt die Leiterin. Fast jeder Bewohner habe sein eigenes Zimmer, Sanitärräume und Küchen seien ausreichend vorhanden. „Das ist zwar eine “Platte“, aber der bauliche Zustand ist sehr gut.“ Selbst die Konflikte mit den Nachbarn seien zurückgegangen. Vor dem Umzug aus der Michendorfer Chaussee in die Kirschallee gab es größere Proteste seitens einiger Anwohner, die Angst vor steigender Kriminalität und Lärm hatten. Leiterin Janus legte damals einige Regeln auf: So wurde die Küchenbeleuchtung gedimmt, Fenster ab 22 Uhr geschlossen, versucht, übergroße Rücksicht zu nehmen. „Beleidigende Anrufe kommen zwar noch, sind aber seltener geworden.“ Und in den zwei Jahren Kirschallee gab es rund um das Heim keinerlei Übergriffe auf die Ausländer. „Diese größte Sorge war glücklicherweise unbegründet.“ Einzig, die Hoffnungen, den Umzugsbeschluss noch rückgängig zu machen schwinden immer mehr, gibt auch die Leiterin der Einrichtung zu. Die Malteser-Mitarbeiterin, die seit zwei Jahren das Heim in der Kirschallee führt – vorher bereits für die Unterkünfte an der Michendorfer Chaussee verantwortlich war – will zumindest dafür sorgen, dass die Übergänge so optimal wie möglich gestaltet werden. Was aus ihr und ihren vier Mitarbeitern wird, ist ungewiss. „Unsere Arbeit wäre mit dem Umzug obsolet, derzeit gehe ich davon aus, dass wir gekündigt werden.“ Komplett gegen den Umzug in den Lerchensteig sind einige Potsdamer Unterstützer. Anna Katritzke, die Deutsch-Lehrgänge für die Asylbewerber einrichtete, spricht von einer „Ghettoisierung“, wenn die Asylbewerber am Lerchensteig zusammengezogen werden. „Diese Entscheidung ist unmenschlich.“ Die Vorurteile einiger Anwohner im Bornstedter Feld, wie die Angst, dass der Handel mit Drogen einziehe, sich Diebstähle häufen würden oder Alkoholmissbrauch steigen werde – all das sei nicht eingetreten, so Katritzke. Auch einige Anwohner protestieren gegen den geplanten Umzug. „Seit wann ist es denn erlaubt, dass ich mir meine Nachbarn selbst bestimmen darf?“, fragt einer. „Und noch unverständlicher ist es, dass der Oberbürgermeister auf diese Leute hört.“ Der Kameruner Yoham-Panton Kengum, Vorsitzender des Potsdamer Ausländerbeirats will die Flinte aber noch nicht ins Korn werfen. „Ich glaube, dass etwas an diesem Beschluss geändert werden kann.“ KG
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