
© Andreas Klaer
Zwangsversteigerung in Potsdam: Umzugskarussell im Weberpark
Unternehmen sehen Potenzial – unabhängig von der anstehenden Zwangsversteigerung eines Teils
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Babelsberg - In den kommenden Wochen und Monaten wollen wieder mehrere Unternehmen im Weberpark ihre Umzugskartons packen. Aber nicht, um dem immer wieder mit viel Leerstand in Verbindung gebrachten Gewerbezentrum den Rücken zu kehren. Stattdessen streben Edeka, Rossmann und das Polsterwerk 54 an, ihre Verkaufsflächen durch Umzüge auf dem Areal zu erweitern. Der Fahrradladen hat seine Fläche bereits fast verdoppelt.
Ende August soll der Edeka-Markt in neuem Gewand und auf größerer Fläche wiedereröffnet werden. „Wir machen alles neu, das Geschäft wird komplett saniert“, sagte Jacqueline Meinke, Mitinhaberin des Geschäftes, den PNN. Ein richtig moderner Supermarkt soll es werden – mehr will sie noch nicht verraten. Zuvor muss das Geschäft aber für zweieinhalb Wochen schließen. „Ich sehe hier ganz viel Potenzial“, sagt Jacqueline Meinke – sonst hätte sie das Geschäft nicht gemeinsam mit ihrem Mann am 1. November 2012 übernommen und würde die Investition nicht wagen.
Zufrieden ist auch Holger Richter, Betreiber des Fahrradladens. Seit seinem Umzug im Juni verkauft und repariert er auf der doppelten Fläche und kann auch größere Schaufenster bestücken. Die Geschäfte laufen, die Babelsberger sind viel mit dem Fahrrad unterwegs, sagt Richter, der zuvor dreieinhalb Jahre in dem kleinen Laden neben Edeka war.
Auch das Polsterwerk 54, Anbieter von Wohn- und Schlafmöbeln, sucht größere Räume und will in die Rossmann-Drogerie ziehen, nachdem Rossmann den ehemaligen Penny-Laden nutzen will. Penny hatte den Weberpark im Januar 2013 verlassen. Es war nach der Schließung der Sparkassenfiliale der zweite größere Wegzug und hatte eine weitere Versorgungslücke in das Karree zwischen Alt Nowawes und Tuchmacherstraße gerissen.
Doris Hüfler, Inhaberin des Polsterwerks 54, will sich den Park aber nicht schlechtreden lassen. Hüfler, die im März 2013 aus Stahnsdorf herkam, verweist auf die Vielfalt an einem Platz: Wäscherei und Änderungsschneiderei gibt es auf dem Areal ebenso wie Ärzte und Anwälte. Das Einzige, was ihr fehle, sei ein Café zwischen Nord- und Südpassage. Dass Penny ging, will sie nicht überbewertet wissen. Es sei die Entscheidung eines großen Konzerns, der sich nicht an den Interessen der lokalen Bevölkerung orientiere.
So konkret, wie über diese Pläne im Weberpark gesprochen wird, wollte die Berlinovo Immobiliengesellschaft als Verwalter das kürzlich nicht bestätigen. Man befinde sich in „aussichtsreichen Verhandlungen mit einigen Bestandsmietern“ mit dem „Ziel einer langfristigen und flächenoptimierten Bindung an das Objekt“. Auch mit weiteren Mietinteressenten werden erfolgversprechende Gespräche geführt. Besser als die Auslastung der Ladenflächen ist die der 94 von Berlinovo verwalteten Wohnungen: Die drei derzeit leer stehenden werden nach der Renovierung wieder vermietet.
Zufriedene Mieter und Geschäftsinhaber, die erweitern wollen – da stören die seit 2008 immer wieder auftauchenden Berichte über eine Zwangsversteigerung des Weberparks. Die Unternehmer, die jetzt noch da sind, sehen sich zu Unrecht in Sippenhaft genommen. Denn die großen Läden im Erdgeschoss und die Wohnungen sind davon nicht betroffen. Vielmehr sind es 51 Praxis- und Büroflächen in den ersten und zweiten Stockwerken, rund 25,1 Prozent der Gesamtfläche, die am 29. August um 10.30 Uhr am Amtsgericht Potsdam zum vorerst letzten Mal unter den Hammer kommen (siehe Kasten). Die Flächen werden als Paket angeboten – ein Einzel-Verkauf ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich.
Eine amerikanische Fondsgesellschaft will als Grundschuldgläubiger die 7600 Quadratmeter an den Mann bringen. Ein vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten attestiert einen Wert von 9,4 Millionen Euro. Doch mit der Hälfte wäre man schon zufrieden, heißt es beim Gläubiger.
Die Versteigerung von 25,1 Prozent des Weberparks zwischen Alt Nowawes und der Tuchmacherstraße ist ein altes Thema. Bereits aus dem Jahr 2007 stammt das Verfahren am Amtsgericht Potsdam, damals wurde die Zwangsvollstreckung beantragt. Zur Versteigerung aber kam es lange nicht. Für Mai 2009 wurde der erste Termin angesetzt – der Gläubiger sagte kurz vorher ab. Auch der zweite Versuch im November 2011 fand auf seinen Wunsch nicht statt. Zuletzt trafen sich Biet-Interessierte am 7. März 2013 beim Amtsgericht. Bei zwei Millionen Euro lag das höchste Gebot, weit unter der Fünf-Zehntel-Grenze, die vor einer unangemessenen Verschleuderung fremden Eigentums schützen soll. Das Gericht verweigerte den Zuschlag. Am 29. August gelten die festen Grenzen nicht mehr. Verkauft wird aber dennoch nicht zu jedem Gebot, verschleudert wird weiterhin nichts. Es ist aber der vorerst letzte Termin. Die Zwangsversteigerung würde nach drei gescheiterten Versuchen kraft Gesetz enden. Organisiert ist der Weberpark wie eine Wohneigentumsanlage, mehr als 50 Prozent der Stimmrechte liegen bei einem Eigentümer. Für eine Millionensumme würde man nur ein Viertel der Gesamtfläche erhalten – und wäre der Entscheidung des Mehrheitseigners, ob und wie viel am Standort investiert wird oder ob das Objekt stillsteht, ausgeliefert. (ihö)
Ingmar Höfgen
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