Landeshauptstadt: Unangenehme Fragen
Die 23-jährige Cornelia Klein ist Radiomoderatorin – trotz ihrer körperlichen Behinderung
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Manchmal muss man unangenehme Fragen stellen, um etwas zu bewirken. Cornelia Klein hat sich das jede Woche zur Aufgabe gemacht, in ihrer Radiosendung. Das Erstaunliche dabei ist, dass sie wegen einer körperlichen Behinderung in einem Rollstuhl sitzt - und trotzdem Interviews auf der Straße führt. Berührungsängste hat sie keine, die möchte sie lieber bei den Anderen abbauen. Sagt sie.
Mit der Radiosendung, die sie im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft im Potsdamer Berufsbildungswerk betreibt, will sie nicht nur bei den Zuhörern etwas bewirken, sondern direkt vor Ort, beim Interview. Themen ansprechen, die bei Politikern kaum Gehör finden würden, wäre man ohne Mikrofon gekommen. „Bei solchen Interviews merkt man oft, welche Berührungsängste gegenüber behinderten Menschen noch vorhanden sind“, erklärt die 23-Jährige. Ihre Augen leuchten, als sie erzählt: „Einfach nur hinausgehen und etwas verändern, das macht für mich den Unterschied“. Zwischen Mischpult, Aufnahmegerät und Mikrofon wirkt die junge Frau sehr zielstrebig. Das war nicht immer so. In der zweiten Klasse hatte sie zwar die Vorstellung, „Kamerafrau“ zu werden, in die Medienbranche schlitterte sie aber erst vor zwei Jahren, beim Praktikum in einer TV-Produktionsgesellschaft. Deshalb hat sie vor einem Jahr eine Ausbildung zur Mediengestalterin im Berufsbildungswerk angefangen. Das Abitur habe sie auf einer ganz „normalen“ Schule gemacht, sagt Cornelia mit Nachdruck. Das war für sie besonders wichtig, denn „leider wird eine körperliche Behinderung häufig mit einer geistigen gleichgesetzt“. In ihrer Schule war das aber nie ein Thema.
Wenn sie von ihrer Radiosendung erzählt, verblasst der nachdenkliche Ausdruck auf ihrem Gesicht. Auf Sendung geht „Radio4You“ jeden Freitag von 14 bis 16 Uhr. Gegründet wurde es 1994 von dem Lehrer Sacha Pohnert. Das Radio kann man über einen Live-Stream auf der Webseite „radio4humans.de“ hören. Musik wird dort auch gespielt. Besonders stolz ist Cornelia aber auf eine Interview-Reihe über die „Internationale Deutsche Meisterschaft im Schwimmen der Behinderten“ in Berlin. Dort hat die auszubildende Mediengestalterin zusammen mit ihrem zweiköpfigen Team Sportler aus fast 28 Ländern befragt. „Es haben sogar Menschen ohne Arme und Beine teilgenommen“, erzählt Cornelia. Solche Menschen sieht Cornelia als Vorbilder: „Sie geben einfach nicht auf“. Diese Selbstständigkeit bewundert sie , weil sie selbst einmal eigenständig leben will.
Sie ist auf dem richtigen Weg, hofft sie. Und doch weiß Cornelia, dass ihr die ganze Erfahrung im Medienbereich bei einem Bewerbungsgespräch meistens nicht viel hilft. Auf Grund ihrer Behinderung werde sie oft gar nicht erst berücksichtig. „Vor der Zeit nach der Zeugnisübergabe habe ich schon richtig Angst“, flüstert Cornelia. Denn danach muss sie außerhalb des Bildungswerkes eine Anstellung finden. Bis dahin wird sie jedoch noch einige Interviews geführt haben – und vielleicht etwas bewirken. S. Maier
S. Maier
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