Landeshauptstadt: „Unbefriedigend“ für Begabtenförderung
30 Schüler pro Leistungsklasse, aber keine zusätzlichen Stunden für Lehrer / Schülerakademie geplant
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Streng genommen, wird das Brandenburger Schulgesetz permanent verletzt: „Jedes Kind hat einen Anspruch auf optimale Lernentwicklung. Es ist die Aufgabe der Schulen, Schüler individuell zu fördern“, heißt es darin. So weit die Theorie – doch die Realität wird von Betroffenen anders geschildert. Sie gaben der Förderung im Land die Note „Unbefriedigend“.
Während das System funktioniere, wenn es um die Förderung leistungsschwächerer Schüler geht, versage es bislang bei der Förderung von begabten Kindern, sagten Lehrer und Eltern bei einer Diskussion zum Thema „Hochbegabung ein Problem?“. Die Gründe dafür seien vielfältig: Den Lehrern würden zu wenig Stunden zugebilligt, um sich speziell um die Begabung der einzelnen Schüler zu kümmern und das System der Früherkennung von Begabten funktioniere nicht. „Es sind immer nur kleine Schritte von einem großen Konzept, die umgesetzt werden“, sagte die Referentin für Hochbegabung im Bildungsministerium, Christiane Standke, auf der Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung im Helmholtz- Gymnasium.
Selbst die als Schritt zur Begabungsförderung gefeierten Leistungs- und Begabungsklassen werden in Potsdam und Potsdam-Mittelmark mit 30 Schülern gefüllt. Mehr Zeit bekommen die Lehrer für die Förderung der als besonders begabt geltenden Schüler jedoch nicht, so Christiane Standke. Die Ursachen dafür sieht die Referentin, die als Einzelkämpferin auf diesem Gebiet im Ministerium gilt, sogar im eigenen Haus. „Die Teilungsstunden haben im Konzept für die Klassen gestanden“, sagte sie. Sie seien jedoch nicht genehmigt worden.
Zu wenig Geld oder zu wenig Sensibilität für das Thema Begabungsförderung? Ein bisschen von beidem – in der Gesellschaft sei noch nicht angekommen, dass begabte Kinder genauso stark gefördert werden müssen wie leistungsschwache, sagte Monique Zander, Landesvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind. Die spezielle Förderung ab der fünften Klasse sei zu spät, schon im Kindergartenalter gäbe es deutliche Zeichen, ob ein Kind ein normales oder ein stärkeres Lernverhalten aufweist. Schulkarrieren von Kindern die ständig stören und sich unterfordert fühlen, weil die speziellen Begabungen nicht erkannt würden, seien vermeidbar. Monique Zander forderte daher, auch für den Grundschulbereich Begabungsklassen zu schaffen sowie eine Aus- und Fortbildung der Lehrer für diesen Bereich zu garantieren. In Deutschland gelten zwei Prozent eines Jahrgangs als hochbegabt, 15 Prozent der Kinder seien überdurchschnittlich begabt.
Inzwischen werde das Netz der Förderung verdichtet, so Christiane Standke. Dazu gehören Schülerwettbewerbe, die Flexible Eingangsphase, bilingualer Unterricht und nun die Leistungsklassen. Als nächstes sei neben dem regulären Unterricht eine Schülerakademie geplant. Ein Sponsor für drei Jahre ist gefunden, an einem Konzept wird gearbeitet. jab
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