Aus dem GERICHTSSAAL: Unberechtigter Doktor-Titel?
Angeklagter uneinsichtig: Nun sind Zeugen gefragt
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Mustafa M. * (54 ) sieht aus wie ein bedeutender Mann. Gepflegt und gut gekleidet sitzt der Potsdamer auf der Anklagebank. Man nimmt ihm den akademischen Grad eines Doktors durchaus ab. Doch genau den soll der Mann mit ungeklärter Staatsangehörigkeit laut Staatsanwaltschaft seit März 2006 in Deutschland bewusst zu Unrecht führen. Als Dr. Mustafa M. soll er mit dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport korrespondiert sowie diverse E-Mails verschickt haben. Der Gesetzgeber sieht für den Missbrauch von Titeln Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vor.
Mustafa M. weist während der Verhandlung jegliche Schuld von sich. Als Vorsitzender eines Wohlfahrtsvereins habe er 5000 Visitenkarten in arabischer Schrift drucken, den Doktor-Titel, den er in der Heimat führen dürfe, vor seinen Namen setzen lassen, erzählt der Hartz IV–Empfänger. Später habe er einen Beschluss der Staatsanwaltschaft Neuruppin in seinem Briefkasten gefunden, der ihm das Führen des akademischen Grades in der Bundesrepublik untersagt. Den habe er nicht richtig verstanden, da er des Deutschen nur bedingt mächtig sei. „Als die Polizei später meine Wohnung durchsuchte, hat sie aber keine einzige Visitenkarte mehr gefunden. Die hatte ich alle in den Müll geworfen“, trumpft der Angeklagte auf.
„Die Beamten stellten sehr wohl Visitenkarten mit dem Doktor-Titel vor Ihrem Namen sicher“, kontert Amtsrichter Francois Eckardt. Mustafa M. gibt sich nicht so schnell geschlagen, erklärt, dies seien lediglich Zettel mit seiner E-Mail-Adresse gewesen. Die bestehe schon seit zehn Jahren. Sein Verteidiger ergänzt: „Als E-Mail-Anschrift kann ich angeben, was ich will. Und wenn ich mich Doktor Knoblauch nenne, ist das auch egal.“
„Sie haben aber auch ein Schreiben an das Bildungsministerium mit dem Doktor-Titel unterzeichnet“, gibt der Vorsitzende zu bedenken. Jetzt schiebt Mustafa M. seiner Frau den Schwarzen Peter zu. „Sie hat den Brief auf dem Computer verfasst, ich habe ihn nur unterschrieben.“ Das mit dem Doktor-Titel auf dem Briefkopf müsse ein Versehen sein. Er habe damals viel Stress mit seinem Sohn gehabt, den Kopf einfach nicht mehr frei bekommen, macht er dem Gericht weis. „So viel Hast und Hetze kann man gar nicht haben, dass man das übersieht“, stellt Richter Eckardt klar. „Ein Klick mit der Computermaus, und der Fehler wäre getilgt worden.“ Dann konstatiert er: „Heute kommen wir offenbar nicht weiter. Um zu einer Entscheidung zu gelangen, müssen nun doch die Zeugen gehört werden.“ Bei einem Freispruch zahle die Staatskasse die Kosten, bei einer Verurteilung der Angeklagte. „Das wird teuer.“ (*Name geändert.) Hoga
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