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Landeshauptstadt: „Und wo ist der Wolf?“

Die etwas andere Märchenstunde an den Adventswochenenden auf der Puppenbühne Burattino

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Die etwas andere Märchenstunde an den Adventswochenenden auf der Puppenbühne Burattino Von Karsten Sawalski Plötzlich ist es sehr dunkel und das Publikum erwartungsvoll still. Die Erwachsenen genießen die seltene Ruhe im Vorweihnachtsstress und die Kinder starren gespannt auf die Puppenbühne „Burattino“. Die findet auf einem Klapptisch ausreichend Platz. Im Dunkeln wird die „gute Stube“ der sieben Geißlein sichtbar, die man an den Stockbettchen erkennt. Udo Weber, Theaterleiter, Puppenspieler und Bühnenbildner in einer Person, hat die Bettwäsche aus kariertem Stoff der aufgelösten Nationalen Volksarmee selbst genäht. Jetzt werkelt der Lebenskünstler, der mit seinem Koffertheater 20 Jahre um die Welt reiste, als Geißen-Mutter zeternd und nervös hinter der Bühne herum. „Ich haben immer noch Lampenfieber“, gesteht Weber vor der Aufführung, während er den Kaffee den älteren Gästen serviert. Aufgeregt ist auch ein kleiner Junge mit blondem Haarschopf. Er scheint das Grimmsche Märchen zu kennen und vermisst seine Lieblingsfigur. „Und wo ist der Wolf?“, fragt der dreijährige David in die dunkle Stille. Dann geht plötzlich das Licht an. Udo Weber ist als Geißen-Mutter kostümiert: Um sein freundliches Gesicht hat er ein kariertes Kopftuch gewickelt, mit langen Hörnern und noch längeren Ohren. „Ich habe als Kind nicht so gut gehört, da wurden mir die Ohren lang gezogen“, scherzt er und verfällt gleich wieder in die Rolle der Ziegen-Mutter, die gestresst ihre Kinder zählt, bevor sie zum Einkaufen geht. Josefine, Fred, Pauline, Hans, Luzie, Ingo und Marie hängen aufgereiht an einer Stange. Unzählige Puppen „wohnen“ mit Udo Weber in seinem Haus an der Rosenstraße 35. Schon im Eingang baumelt ein Zauberer im dunklen Umhang neben einem trabenden Pferd und glitzernden Weihnachtssternen an der Decke. Der Puppenspieler hat seine „Spielgefährten“ selbst gebastelt, geschenkt bekommen oder in von ihm geführten Workshops bauen lassen. Sein größter Traum ist ein bespielbares Puppenmuseum, das er aus seinem Gartenhäuschen entstehen lassen will. Für das erste und einzige Potsdamer Puppenmuseum sucht er noch Sponsoren. Während der Aufführung nimmt der Puppenspieler die sieben Geißlein wie ganz normales Spielzeug in die Hand. „Ich mag die Pendelbewegungen der Marionetten nicht“, sagt Weber erklärend, „die Puppen wirken dadurch so wehmütig“. Außerdem kann er sich so auch selbst besser mit ins Spiel bringen. Denn Udo Weber macht kein Theater im klassischen Sinn, sondern er bezieht sein junges Publikum stets mit ein. Mit dem meist brutalen Verlauf der Märchen lässt der Puppenspieler die Kinder nicht allein. Entweder redet er mit den Kleinen darüber, wie die Geschichte alternativ hätte verlaufen können oder er erklärt die Hintergründe. Der dreijährige David weiß schon etwas früher als seine Altersgenossen, was geschehen wird. „Gleich frisst der Wolf die Geißlein“, ruft er aufgeregt in Richtung Bühne. „Aber nicht weil er böse ist“, erklärt Weber, „sondern einfach nur, weil er Hunger hat“. In jeder Märchenfigur stecke auch ein Teil von uns, sagt der weit gereiste Puppenspieler. Die Puppenbühne Burattino ist in der Potsdamer Rosenstraße 35 zu finden. Kindergruppen sollten vorher telefonisch unter (0331) 742550 angemeldet werden. Die nächsten Veranstaltungen sind am 20.12. um 15.30 Uhr und am 21.2. um 10 Uhr und um 15.30 Uhr.

Karsten Sawalski

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