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Sport: „Unser Star ist die Mannschaft“

Holger Rupprecht, Präsident des Handball-Zweitlisten 1. VfL Potsdam, über Chancen des Aufsteigers in der bevorstehenden Saison, über das Nachwuchskonzept des Vereins und Aussichten auf eine neue Halle

Stand:

Sie haben zehn Jahre von Zweitliga-Handball in Potsdam geträumt, Herr Rupprecht. Erinnern Sie sich noch?

Und ob. Als ich 1996 zum Vorsitzenden des VfL gewählt wurde, habe ich im Überschwang erklärt, in unserer Mannschaft – die damals noch in der Oberliga spielte – stecke so viel Potenzial, dass wir bis zum Jahr 2000 in die zweite Bundesliga aufsteigen könnten. Das war damals natürlich ein großer Irrtum meinerseits. Aber die Mannschaft hat sich dieses Ziel auch immer wieder vor Augen gehalten – und nun sind wir endlich so weit!

Wie fühlt man sich als Präsident des Aufsteigers kurz vor Saisonbeginn?

Man merkt schon ein gewisses Kribbeln. Die Bundesliga ist absolutes Neuland für uns, da ist vieles neu. Außerdem empfangen wir zum Auftakt mit der SG Achim/ Baden einen Mitaufsteiger, so dass wir gleich ein ganz wichtiges Spiel haben. Können wir das gewinnen und dabei auch gut spielen, wird es unserer Mannschaft nochmal einen Schub geben.

Ist die VfL-Mannschaft für Liga zwei gerüstet?

Ich denke, wir haben uns optimal verstärkt. Schon die Zugänge, die wir im vergangenen Jahr nach Potsdam holten, waren alle Volltreffer. Und auch die Spieler, die jetzt dazu kamen, passen super in unsere Mannschaft und sind echte Verstärkungen. Wir haben jetzt jede Position in guter Qualität doppelt besetzt und damit auch eine gute Bank. Andere Mannschaften werden überragende Einzelspieler haben, wir haben dafür eine sehr gute Mannschaft. Wir haben keine einzelnen Stars, unser Star ist die Mannschaft. Und über die werden wir – davon bin ich überzeugt – zum Erfolg kommen.

Sie sehen die Bundesliga also nicht als ein Abenteuer an?

Eigentlich nicht. Natürlich ist so eine Saison sportlich schwer vorhersehbar, weil auch Faktoren wie Verletzungen von Spielern eine Rolle spielen können. Aber das geht anderen Mannschaften ebenso. Ich bedauere in diesem Zusammenhang sehr, dass uns mit Jaroslaw Galus ein spielentscheidender Mann wegen seiner Daumen-Verletzung in den ersten drei wichtigen Spielen nicht zur Verfügung stehen wird. Mir tut es auch für Jarek selbst leid, der sich prima bei uns eingelebt hat.

Ist das Umfeld Ihres Vereins bereits zweitliga-tauglich?

Wir haben das Umfeld professionalisiert. Jan Thiele als unser neuer Team-Manager hat einen Teil meines Jobs übernommen, da ich in meinem jetzigen Beruf (als Minister für Bildung, Jugend und Sport/d. Red.) weniger Zeit für den VfL habe. Und er macht das sehr gut. Er hat einen sehr guten Draht zur Mannschaft und erledigt seine Arbeit toll. Wobei wir uns nicht mit anderen Bundesligavereinen mit hauptamtlichem Trainer und hauptamtlichem Geschäftsführer vergleichen können. Unser Trainer Alexander Haase ist als Lehrer an der Potsdamer Sportschule tätig, Jan Thiele als Jurist schreibt gerade an seiner Doktorarbeit. Wir haben keinen einzigen Vollprofi, bei uns lebt niemand nur vom Handball. Aber wir versuchen natürlich, den Spielern mit einer gewissen Aufwandsentschädigung den Rücken frei zu halten, damit sie neben Arbeit oder Studium ordentlich trainieren und spielen können.

Wie sieht es für Torwart Christian Pahl aus? Er hat durch seinen Dienst bei der Polizei momentan nicht genügend Freiraum für Zweitliga-Handball.

Ich gehe davon aus, dass wir eine Lösung finden, damit auch Christian am täglichen Training teilnehmen kann.

Mit welchem Etat geht der VfL in die kommende Saison?

Mit 350 000 Euro. Gegenüber knapp 200 000 im vergangenen Jahr haben wir den Etat also nicht ganz verdoppelt.

Ist der neue Etat schon gedeckt?

Ja.

Ihnen sind nach dem Bundesliga-Aufstieg also die Sponsoren die Türen eingerannt.

Das nicht. Es war schwer, die zweite Liga finanziell abzusichern, denn es gibt wenige potenzielle Sponsoren in unserer Region; viele engagieren sich schon bei mehreren Vereinen. Neben unseren beiden Hauptsponsoren – den Stadtwerken Potsdam und dem Verbund Netzgas Leipzig – haben wir viele Sponsoren im mittleren Bereich. In diesem Jahr konnten wir einen Aufschwung in unserem Club der Hundert verzeichnen. Im vergangenen Jahr hatte der etwa 70 Mitglieder, jetzt sind es 93. Wir haben außerdem erstmals einen Ausrüster-Vertrag mit adidas und werden über Intersport Potsdam eingekleidet. Das ist für uns ebenfalls eine neue Qualität.

Mit Florian Schugardt, Felix Herholc, Sebastian Stölzig und Jan Piske gehören mittlerweile vier Potsdamer Sportschüler zum Kader der ersten VfL-Mannschaft. Geht das Nachwuchs-Konzept Ihres Vereins auf?

Ja. Durch die vier Jungs zeigt sich, dass die Einschulung junger Handballer in Potsdam Früchte trägt. Wir können inzwischen jedem unserer Sportschüler eine Perspektive zeigen, die ihn reizt. Daher war es für unseren Nachwuchs ganz wichtig, dass unsere erste Mannschaft nun in der Bundesliga spielt und die zweite den Aufstieg in die Brandenburgliga schaffte. Dort kann ein ganzer Teil der jungen Leute erste Erfahrungen mit dem Männer-Handball sammeln, kann lernen, was dort alles anders ist als in der A-Jugend, und sich dann für die erste Mannschaft anbieten. In diesem Zusammenhang: Um den Vereinen aus der Umgebung, deren Jungs auf die Sportschule kommen und irgendwann mal beim VfL landen, für ihre Vorarbeit zu danken, wollen wir deren Kindermannschaften zum kostenlosen Besuch von Heimspielen einladen.

Ist das nicht riskant angesichts der viel zu kleinen Sporthalle Heinrich-Mann-Allee? Auf eine neue Halle als Zweitliga-Heimstatt muss der VfL doch weiterhin warten, oder?

Das Hallenproblem ist seit Jahren akut. Meine größte Sorge ist, dass wir in der Liga erfolgreich mitspielen und dann bei Heimspielen Zuschauer nach Hause schicken müssen, weil die Hallenkapazität nicht reicht. Diese Leute kommen dann nicht wieder. Jede Kreisstadt hat inzwischen eine bessere Sporthalle als Potsdam. Es muss etwas passieren, und ich glaube, es bewegt sich auch etwas. Verein und Stadt prüfen im Moment alles, was möglich ist. Übrigens: Um auch mal ein Handball- oder Volleyball-Länderspiel nach Potsdam holen zu können, bräuchten wir eine Halle mit 1500 Zuschauerplätzen.

Das Interview führte Michael Meyer

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