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Landeshauptstadt: Unser Zuhause ist Potsdam

Eine Fotoausstellung der „Zimtzicken“ zeigt den etwas anderen Alltag von Migrantinnen in Potsdam: Sie präsentiert ihre Probleme, aber auch die besondere Art, mit der sie die deutsche Kultur bereichern

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Kurdinnen beim Kochen, Vietnamesinnen beim Einkaufen im Asialaden oder Afrikanerinnen im Afroshop – „Zuhause in Potsdam“ heißt eine Ausstellung, in der 20 Mädchen des Zimtzickentreffs ab kommenden Dienstag, dem 11. März, in der Stadt- und Landesbibliothek Fotografien aus ihrem Alltag zeigen. Der Titel klingt zunächst ein wenig zu banal, um interessant zu sein. Aber, da es sich bei den Künstlerinnen zwischen acht und 19 Jahren mehrheitlich um Migrantinnen aus aller Welt handelt, sind ihre Alltäglichkeiten dann doch etwas Besonderes. „Jedes Mädchen hat in ihren Fotos auch ihren kulturellen Hintergrund eingefangen“, so die 19-jährige Trang, die als eine der älteren Fotografinnen das Projekt teilweise mitbetreute. Die Fotos sollen vor allem eines zeigen – dass die Mädchen zwar vielerlei Herkunft besitzen, aber alle gerade „hier in Potsdam zu Hause sind“, betont Huyen Nguyen Thanh, ihre Betreuerin im Mädchentreff am Wall am Kiez.

Erst die Mitarbeit der Vietnamesin hatte das Projekt möglich gemacht, denn ihr kultureller Hintergrund lockte viele der Teilnehmerinnen in den Treff. Unter anderen auch Trang und ihre 13-jährige Schwester Ngan, die vor drei Jahren aus Vietnam nach Potsdam kamen. Beide erinnern sich noch daran, wie schwer der Start war. „Wir konnten kein Deutsch und kamen erst einmal in spezielle Integrationsklassen, um die Sprache zu lernen“, erzählt Ngan, die heute die 8. Klasse des Einstein-Gymnasiums besucht. Das sei ihnen am Anfang sehr schwer gefallen, ergänzt ihre ältere Schwester, da gerade die deutsche Grammatik unheimlich kompliziert sei. Dennoch hat auch sie den Sprung in die 11. Klasse der Voltaire-Gesamtschule gemeistert, wo sie im Moment die einzige Nicht-Deutsche in ihrer Klasse ist. Probleme gäbe es deswegen aber keine, meint Trang – und wird gleich von Ngan bestätigt. „Alle reagieren sehr freundlich und neugierig auf uns“, beschreibt die 13-Jährige ihre Erfahrungen in der Schule.

Dennoch hat besonders Trang auch negative Erlebnisse mit Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz gehabt. Gerade auf der mittlerweile geschlossenen Marie-Curie-Schule habe es häufig Anfeindungen gegen die Schüler der Integrationsklasse gegeben, die von den deutschen Jugendlichen wohl als Bedrohung empfunden worden seien, so die 19-Jährige. Das hinge mit der Situation an sozialen Brennpunkten der Stadt zusammen, an denen die Ausländerfeindlichkeit besonders hoch sei, glaubt auch Betreuerin Huyen Nguyen Thanh, die wegen Anfeindungen selbst auch von Drewitz in die Innenstadt gezogen ist. Außerdem gäbe es durchaus Unterschiede in der Art, wie Deutsche Ausländer wahrnähmen. Beispielsweise asiatische Mädchen seien weniger von Aggressionen betroffen als etwa junge Kurdinnen, so Huyen. „Gerade deshalb ist es für uns alle wichtig im Zimtzickentreff miteinander in Kontakt zu kommen und Erfahrungen positiver und negativer Art austauschen zu können“, sagt Ngan.

Schließlich verbinde alle Mädchen die gemeinsame Erfahrung von Migration und des etwas anderen Alltags, den sie nun in ihren Fotos auch deutschen Jugendlichen zeigen wollen. „Beim Fotografieren hielten uns viele Passanten wegen unseres Aussehens für Touristen“, erinnert sich Trang schmunzelnd und hofft, dies werde sich durch die Ausstellung ändern. Knapp 7000 Ausländer leben in Potsdam, rund 1000 davon sind unter 18.

Denn die Aktion des Mädchentreffs soll dafür sorgen, dass junge Migrantinnen und ihre Bedürfnisse mehr in den Blick der Potsdamer geraten – und ihre Sorgen. Eine Angst ist im Mädchentreff „Zimtzicken“ gerade akut: Huyen Nguyen Thanhs Stelle, die viele der Fotografinnen erst ermutigte, zu den „Zimtzicken“ zu kommen, läuft Ende März aus. Eine Verlängerung wünschen sich im Mädchentreff jedenfalls viele.

Anja Garbe

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