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Sport: „Unsere Telefone glühen schon“

Turbine Potsdams Trainer Bernd Schröder über den Einzug ins DFB-Pokalfinale und weitere Pläne

Stand:

Herr Schröder, geben Sie als Chefcoach den Fußballerinnen Turbine Potsdams nach dem 3:0-Heimsieg am Ostermontag im Halbfinale des DFB-Pokals gegen Wattenscheid für den Rest der Woche trainingsfrei?

Nein, wir arbeiten normal weiter. Schon am kommenden Samstag empfangen wir in der Bundesliga Aufsteiger Jena, der es uns nicht leicht machen wird. Die ganz jungen Spielerinnen, die zuletzt hoch belastet waren, können vielleicht ein, zwei Tage pausieren. Ansonsten wollen wir in dieser Woche noch einmal eine Art zwei- te Vorbereitungsperiode einschieben. In der nächsten Woche werden vier Spielerinnen mit der A-Nationalmannschaft in Frankfurt gegen Brasilien antreten, vier zum Lehrgang der U23 in Heusenstamm fahren und fünf mit der U19 die zweite EM-Qualifikationsrunde hier in Deutschland spielen. Damit wird uns mehr als eine Mannschaft im Training fehlen.

Mit dem Einzug ins DFB-Pokalfinale am 30. Mai gegen Duisburg hat Turbine doch schon sein Saisonziel erreicht. Warum weiter solche Anstrengung?

Weil wir die Gunst der Stunde nutzen und nun auch noch in der Meisterschaft ganz vorn mitmischen möchten. Wir wollen zurück in den internationalen Fußball. Das Schöne daran ist, dass wir das noch aus eigener Kraft schaffen können.

Wollen Sie am Saisonende lieber den DFB-Pokal oder die Champions-League- Tickets haben?

Die Tickets. Im Pokal ist mit dem Finaleinzug finanziell und für das Image eigentlich schon alles erreicht. Im Endspiel geht es für Duisburg und uns vor allem noch darum, mit schönem offensivem Spiel Werbung für den Frauenfußball zu machen. Wer dann am Ende gewinnt, hat eine schöne Zugabe.

In der Bundesliga kann Ihre Mannschaft nach Frankfurts 2:2-Ausrutscher Ostern daheim gegen Essen-Schönebeck sogar noch Deutscher Meister werden.

Ich bin nicht so vermessen, das zu erwarten. Die Substanz unserer Mannschaft ist noch längst nicht so weit. Wir wollen in der nächsten Saison aber international dabei sein. Dafür müssen wir Zweiter werden.

Haben Sie diesen Höhenflug Ihrer jungen Truppe, die im Januar auch schon den DFB-Hallenpokal gewann, erwartet?

Nein, der kommt für mich überraschend. Aber wir haben bereits eine Mischung gefunden, die vieles gelingen ließ. Diese Mannschaft hat Charakter und hat in diesem Jahr zum Teil schon eine Spielkultur gezeigt, die für die Zukunft hoffen lässt.

Welche Spielerinnen haben sich besonders gut entwickelt?

Unser Kapitän Jennifer Zietz ist als Persönlichkeit weiter gewachsen und nun wieder in die Nationalmannschaft zurückgekehrt. Und von den jungen Spielerinnen sind vor allem Stefanie Draws und Bianca Schmidt an ihren Aufgaben gewachsen.

Als vor zwei Jahren zahlreiche Nationalspielerinnen Turbine verließen, wurde über Cheftrainer Bernd Schröder spekuliert; auch die PNN waren nicht frei von kritischen Tönen. Die jetzige Entwicklung muss doch eine große Genugtuung für Sie sein.

Was heißt Genugtuung  Die Zeit spricht für uns. Ob die damaligen Entscheidungen der Spielerinnen, die alle selbst gehen wollten, richtig waren, zeigt sich jetzt von selbst. Es tut mir teilweise weh, wie sich einige Spielerinnen nach ihrem Weggang von uns darstellen oder entwickelt haben. 2007 wurde vorausgesagt, unser Verein werde auseinanderbrechen. Die gleichen Personen loben uns jetzt, wir hätten alles richtig gemacht – auf solche Leute kann ich verzichten.

Zurück zum DFB-Pokal: Wie viele Eintrittskarten zum Finale erhält Turbine?

Wir haben noch keine genaue Zahl, aber es dürften wohl unter 1000 sein. Unsere Telefone glühen schon, aber bei der Verteilung der Tickets werden erst unsere Mitglieder bedacht, dann die weiteren Fans.

Das Finale 2009 wird letztmals direkt vor dem der Männer im Berliner Olympiastadion ausgetragen. Was halten Sie davon, dass es künftig separat stattfinden soll?

Gar nichts. Wir waren von vornherein dagegen. Viele andere Sportarten setzen auf Großveranstaltungen – der DFB beginnt das jetzt zu trennen. Es gibt viele Gründe, die Frauen-Finals weiterhin auch in Berlin auszutragen. Nirgendwo sonst klappt die Verbindung von Frauen- und Männerfußball so gut. Durch die Pokalendspiele hat der Frauenfußball im Sog des Männerfußballs an Image gewonnen.

Ihr Verein gewinnt durch den Finaleinzug einen zusätzlichen Geldregen von mehr als 100 000 Euro.

Der ist für einen Verein, der zwei Jahre nicht im Endspiel dabei war, ein Segen. Für uns ist er wichtig, weil wir noch Neuverpflichtungen auf der Spur sind. Wir suchen noch eine junge Allroundspielerin, die auch 2011 bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land dabei sein könnte.

Das Interview führte Michael Meyer.

Bernd Schröder (66) ist seit 1971 Trainer Turbine Potsdams und gewann mit dem Verein 2004, 2005 und 2006 in den Finals jeweils gegen den FFC Frankfurt den DFB-Pokal der Frauen.

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