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Landeshauptstadt: „Unseriöse Statistikarbeit“

Drogenpolitik: Die Andere kritisiert die Verwaltung

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Rund 300 Potsdamer seien heroinabhängig, schätzt Frank Prinz-Schubert. Eine Hochrechnung, die auf die langjährige Erfahrung des ehemaligen Geschäftsführers des Vereins Chill out zurückgeht. Genaue Zahlen gebe es nicht, bemängelt auch Lutz Boede, Geschäftsführer der Fraktion Die Andere, für die Prinz-Schubert bei der Kommunalwahl am 28. September kandidiert. Beide hatten aus Anlass des gestrigen Nationalen Gedenktages für verstorbene Drogenabhängige zum Pressegespräch geladen. Die Andere wolle künftig in der Drogenpolitik neue Akzente setzen und der vergleichsweise kleinen Gruppe von Konsumenten illegaler Drogen Gehör verschaffen.

Jährlich kämen 30 bis 50 Ratsuchende mit Heroin-Erstkontakt in die Beratungsstellen der Landeshauptstadt. Darüber führten sowohl die Suchtpräventionsstelle von Chill out sowie die Beratungs- und ambulante Behandlungsstätte der Arbeiterwohlfahrt Statistik, so Prinz-Schubert. Bei entsprechenden Anfragen – Die Andere hatte in der Vergangenheit mehrere gestellt – gebe es nur lückenhafte Antworten. So differierten beispielsweise auch die Angaben zu Drogentoten in Potsdam. Während es 2006 noch aus der Verwaltung hieß, es seien bisher drei Menschen in der Landeshauptstadt in Folge von Drogenkonsum gestorben, wies die Statistik in diesem Jahr plötzlich 14 Drogentote für Potsdam aus. Prinz-Schubert warf der Verwaltung deshalb „unseriöses Arbeiten im Statistikbereich“ vor. Die hohe Differenz, sagte die Gesundheitsbeigeordnete Elona Müller (parteilos) auf PNN-Nachfrage, komme durch die verschiedenen Quellen zustande, aus denen die Zahlen stammten. So habe die Verwaltung in einem Fall die Auskunft des Landeskriminalamtes genutzt, in dem anderen sich Zahlen vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg eingeholt. Beiden Erhebungen lägen, so die Vermutung der Beigeordneten, unterschiedliche Definitionen des Begriffs Drogentoter zu Grunde. Um künftig vergleichbare Werte zu haben, werde die Verwaltung nur noch die Zahlen des Statistikamtes nutzen, kündigte Müller an.

Dass aber die Stadt, wie von Prinz-Schubert behauptet, das vorliegende Zahlenmaterial nicht auswerte, wies die Beigeordnete vehement zurück. So habe man aufgrund der Entwicklung eine halbe Stelle für die Suchtpräventionsarbeit in Kitas und Grundschulen geschaffen, weil die Erstkonsumenten von Alkohol und Nikotin immer jünger würden. Oder stelle jetzt Chill out einen Aktionsbus zur Verfügung, um in der Partyszene präsent sein zu können, so Müller. Auch die Versorgung von Suchtkranken schätzte die Gesundheitsbeigeordnete als gut ein. Von den 20 Suchtbetten für stationäre Entgiftung in der Psychiatrischen Klinik In der Aue seien im Schnitt drei von Drogenentziehern belegt. Dies sei auch ein Ergebnis der Suchtkonferenz vor zwei Jahren gewesen, so die Beigeordnete, die im kommenden Jahr zum zweiten Mal stattfinde.

Nicola Klusemann

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