Landeshauptstadt: Unter Druck
Im Skandal um die einsturzgefährdeten Sporthallen mehren sich die Hinweise auf ein Fehlverhalten der Stadt
Stand:
Im Skandal um die einsturzgefährdeten Hallen am Luftschiffhafen gerät die Stadtverwaltung immer mehr unter Druck. Nach PNN-Informationen verdichten sich die Hinweise, dass die Leichtathletikhalle nach der Sanierung vor gut zehn Jahren ohne eine zusätzliche Statikprüfung von der Verwaltung abgenommen wurde – obwohl das Gebäude eine höhere Dachlast aufwies als vorgesehen.
So war bei der Sanierung wie berichtet die neue Dämmschicht auf das Dach aufgebracht worden, ohne die alte zu entfernen. Ob die Halle dies aushält oder dadurch einsturzgefährdet ist, wurde damals offenbar nicht geprüft – zumindest gibt es nach PNN-Informationen keine Unterlagen dazu. Dass tatsächlich Einsturzgefahr besteht, wurde erst Ende 2013 festgestellt – seit Anfang Dezember sind die Hallen deshalb gesperrt.
Ob die Hallen genehmigt hätten werden dürfen, wer damals den Baupfusch durchgehen ließ beziehungsweise die Beauftragung eines Statikers versäumte, wird derzeit innerhalb der Verwaltung geprüft. Eine Kommission unter dem Rechnungsprüfer Christian Erdmann und der Rechtsamtschefin Karin Krusemark ist damit beschäftigt. Die Öffentlichkeit soll aber erst informiert werden, wenn Belastbares vorliege, wie Stadtsprecherin Christine Weber am Freitag sagte. Sollte das Ergebnis der Prüfung sein, dass damals unrechtmäßig gehandelt wurde, dürfte das Konsequenzen haben.
Die Verantwortlichen wären dann aber wohl nicht im Geschäftsbereich der Sportbeigeordneten Iris Jana Magdowski (CDU) zu suchen, sondern in jenem des Baubeigeordneten Matthias Klipp (Grüne). Das sagte am Freitag auch SPD-Fraktionschef Mike Schubert: „Wenn bei der Abnahme Fehler passiert sind, ergeben sich daraus Fragen an die Bauverwaltung.“ Er wolle erst abwarten, was das Ergebnis der Untersuchungen von Erdmann und Krusemark sei, sagte aber auch: „Zu Begeisterung führt sowas natürlich nicht.“
„Man muss sich darauf verlassen können, dass Abläufe vernünftig geprüft werden“, sagte der Potsdamer CDU-Landtagsabgeordnete Steeven Bretz. Dass die Stadt schon seit Jahren von der doppelten Dämmung weiß, überrascht ihn nicht. Verantwortliche hätten ihm gesagt, dass schon seit der Sanierung Hinweise auf Mängel an den Hallen gebe, und das nicht nur durch die doppelte Dämmung, sondern auch bei den Dachträgern. „So neu, wie jetzt getan wird, ist das alles nicht.“
Angesichts des Pfuschs bei der Sanierung stellt sich auch die Frage, ob das Land möglicherweise einen Teil der Fördergelder zurückverlangen kann – schließlich wurde die Sanierung der Sporthallen damals von Land und Bund mit einem zweistelligen Millionenbetrag bezuschusst. „Wir wollen das nicht hoffen“, sagte Bretz. Er wolle dies aber nicht ausschließen. „Wenn öffentliche Gelder fließen, muss sichergestellt sein, dass solche Pfuschereien nicht stattfinden. Ähnlich äußerte sich auch der renommierte Baurechtspezialist Ulrich Battis. Ob Geld zurückgefordert werden könne, hänge von den jeweiligen Vergabebedingungen ab. Wenn der Bau aber nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, sei dies grundsätzlich aber möglich. „Das Land darf ja kein Geld in fehlerhafte Projekte versenken“, sagte Battis den PNN. Auch Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg schloss eine Rückforderung nicht aus. Genauso wenig schließe er aber aus, dass damals alles regulär abgelaufen sei, sagte er.
Das Brandenburger Sportministerium, das damals für die Förderung von Landesseite zuständig war, sieht derzeit aber keinen Anlass für Rückforderungen. Grund für die Sanierung sei damals eine Verbesserung der Trainingsmöglichkeiten gewesen, sagte Ministeriumssprecher Stephan Breiding den PNN. „Für uns wäre es nur ein Problem, wenn die Hallen längere Zeit nicht genutzt werden könnten.“ Der Baupfusch an sich führe zu keiner Rückforderung. „Das Land hat die Sanierung damals nur unter dem sportpolitischen Gesichtspunkt geprüft. Nur auf dieser Ebene könnten wir auch Rückforderungen stellen“, sagte Breiding. Anders sei dies bei der Förderung des laufenden Betriebs. Diese hatte zur Disposition gestanden, weil die Hallen derzeit nicht nutzbar sind. Am Donnerstag hatten Land und Bund die Förderungen aber freigegeben – zumindest bis Juni.
Bereits seit Oktober 2012 hatte für die Hallen ein Nutzungsverbot bei Schneehöhen über 15 Zentimetern gegolten. Geräumt wurde sie nach PNN-Recherchen aber nie. Den Daten des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zufolge gab es seitdem einmal Schneehöhen von 15 Zentimetern, nämlich am 21. und 22. März 2013. Nach Angaben des Luftschiffhafens wurde am 21. März – wie immer bei Schneefall – die Schneehöhe gemessen. Im entsprechenden Protokoll sind allerdings nur zehn Zentimeter für das Dach der Leichtathletikhalle vermerkt. Aus damaliger Sicht bestand also keine Gefahr.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: