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Viele Studierende müssen nicht nur in den Ferien arbeiten, um sich über Wasser halten zu können
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Constantin Clasen aus Potsdam hat schon einige Jobs hinter sich. Der 22-jährige Student hat bereits als Kassierer an einer Tankstelle gearbeitet, war Ordner auf Festivals und Komparse an Filmsets. Dabei musste er jedoch auch genügend Zeit für sein Studium der Elektrotechnik an der TU Berlin finden. „Es ist schwer, Studium und Arbeit unter einen Hut zu bekommen“, erzählt er. Besonders belastend sei es, nachts zu arbeiten und morgens die Vorlesungen zu besuchen.
Wenn Constantin Clasen als Ordner arbeitete, wurde er meist für ein Wochenende gebucht und hatte kaum mehr als zehn Stunden Pause zwischen den Schichten. Die kräftezehrende Arbeit wurde mit acht Euro die Stunde entlohnt, für Minijobber ein durchschnittlicher Stundenlohn. Eine angenehmere Arbeit hatte Clasen dann als Komparse. Er spielte einen amerikanischen Soldaten im Film „The Monuments Men“. Clasen musste hauptsächlich für die Hintergrundstimmung sorgen, indem er einfach durch die Filmkulisse schlenderte. „Das war mehr Vergnügen als Arbeit. Ich konnte hinter die Kulissen einer Hollywoodproduktion schauen und selbst in einem Kinofilm mitspielen“, erinnert sich der Student. Der Stundenlohn betrug jedoch nur sechs Euro und die Arbeitszeiten waren unregelmäßig. „In der Vorlesungszeit hätte ich den Job nicht machen können. Da hätte die Zeit gefehlt.“ so Clasen.
Vielen Studierenden geht es ähnlich. Gerade in der vorlesungsfreien Zeit müssen viele Studenten arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn die Eltern das Studium der Kinder nicht finanzieren können und keine Ausbildungsförderung genehmigt wird, sieht es finanziell finster aus. Oft reicht das Geld bis zum Ende des Monats nicht aus. Im schlimmsten Fall wird das Studium vernachlässigt, um mehr arbeiten zu können.
Laut der Sozialerhebung des deutschen Studentenwerks arbeiten 63 Prozent der Studierenden. In die Statistik fließen jedoch nur Vollzeitstudenten ein, die alleine wohnen und unverheiratet sind. Ein Vollzeitstudium bedeutet 40 Stunden die Woche Zeit zum Studieren aufzuwenden. Dazu gehört der Besuch von Vorlesungen und Seminaren, aber auch die Arbeit zu Hause. Die Studierenden arbeiten meist in Minijobs bis 450 Euro. Sie kellnern in Bars oder räumen in Supermärkten Regale ein und aus.
Beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität Potsdam fragt man sich grundsätzlich, warum Studierende nebenher arbeiten müssen. Schließlich gebe es die Bafög-Leistungen. „Die Studierenden sollten während ihres Studiums finanziell abgesichert sein, ohne zu arbeiten.“ sagt Alexander Gayko vom Asta. „Das Bafög ist dafür aber nicht geeignet. Es kann einen Großteil der Studierenden nicht finanzieren und deren Lebensunterhalt nicht genügend absichern“, so der Finanzreferent des Astas.
Der Anteil der Bafög-Studenten liege bei 30 Prozent. „Das ist zu wenig. Gerade ältere Studenten haben oft Probleme, Bafög zu erhalten.“ Die Mieten in Potsdam seien so hoch, dass der Bafög-Höchstsatz von 670 Euro bei Weitem nicht ausreiche. Studenten, die über 25 Jahre alt sind, kein Kindergeld mehr erhalten und monatlich 80 Euro für die Krankenkasse zahlen müssen, könnten dann schnell in Geldnot geraten.
Eine weitere Möglichkeit, das Studium zu finanzieren, ist die Aufnahme von Studienkrediten. Diese locken mit niedrigen Zinsen. Man sollte sich den Gang zur Bank allerdings gut überlegen. Die Leistungen nach dem Bafög sind zinslose Kredite und die maximale Rückzahlung beträgt 10 000 Euro. Das ist bei Bankkrediten natürlich anders. Mosebach warnt: „Die Leute denken oft, dass sie nach dem Studium genug Geld verdienen, um die Kredite abzahlen zu können. Das trifft aber nicht auf alle zu. Es ist ein Unding, dass Studierende gezwungen werden, sich zu verschulden.“
Ein anderes Problem ist, dass viele arbeitende Studierende nicht wissen, welche Rechte sie gegenüber ihrem Arbeitgeber haben. „Minijobber haben grundsätzlich die gleichen Rechte wie Vollzeitbeschäftigte“, erklärt Benjamin Mosebach von der AStA-Jobberatung. Daher haben sie auch ein Recht auf bezahlten Urlaub. Wer an fünf Tagen die Woche insgesamt 20 Stunden arbeitet, darf 20 Tage Urlaub im Jahr machen – und die müssen bezahlt werden. Wenn der Minijobber krank wird, muss er für sechs Wochen weiterbezahlt werden, auch wenn er aufgrund der Erkrankung nicht arbeiten kann. Auch der normale Kündigungsschutz gilt nach sechs Monaten Probezeit. „Die Arbeitgeber sind oft nicht ganz ehrlich zu ihren Angestellten, besonders nicht zu Minijobbern. Da muss viel mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden. Es weiß ja kaum ein Student um seine Rechte“, so Mosebach.
Zur Jobsuche können Studenten zahlreiche Angebote im Internet wahrnehmen. Die Fachhochschule Potsdam bietet einen Career Service an (www.fh-potsdam.de/career_service). Auf der Website werden Praktika und Jobs für Studenten vermittelt. Das Studentenwerk Potsdam stellt eine Jobbörse zur Verfügung (www.fh-potsdam.de/career_service.html). Dort finden sich von Nachhilfe bis Computerspiele programmieren jede Art von Minijobs. Sascha Steger
Sascha Steger
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