Landeshauptstadt: Unter Touristen-Augen gebaut
Der neue 1,5 Kilometer lange Uferweg am Jungfernsee ist eröffnet – und verbindet vielfältige Interessen
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Nedlitz - Die Vögel zwitschern, sanft plätschert das Wasser an die Gestade des Jungfernsees, bemooste Baumstämme ragen über das Ufer hinweg, darunter wachsen Seerosen: Es ist ein 1,5 Kilometer langes Stück Potsdamer Naturidylle, das sich jetzt erstmals zu Fuß und mit dem Fahrrad erkunden lässt. Am gestrigen Freitag wurde der neue Uferweg entlang des Plattner-Campus am Jungfernsee von Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) und Pro-Potsdam-Chef Horst Müller-Zinsius offiziell eröffnet.
Die neue Verbindung schließt eine wichtige Lücke im Uferwegenetz der Stadt, denn erstmalig gelangt man damit von der Glienicker Brücke bis zur Neu Fahrländer Südbrücke – de facto komplett am Wasser entlang.
Wie groß das Interesse an der neuen Verbindung ist, bekamen auch die Bauarbeiter zu spüren. Der Uferweg sei quasi „unter touristischer Begleitung“ gebaut worden, sagte Müller-Zinsius – die Pro-Potsdam-Tochter Entwicklungsträger Bornstedter Feld war für die Anlage der Strecke verantwortlich. Immer wieder in den letzten Monaten hätten Radfahrer den noch im Bau befindlichen Weg ausprobiert, teils „an den Bulldozern vorbei“, so Müller-Zinsius. „Die Erstbefahrung fand wohl schon vor einem halben Jahr statt“, scherzte Klipp.
Nicht nur für Naturliebhaber ist die Strecke ein Gewinn. Auch Geschichtsinteressierte profitieren: Die Route ist neuer Bestandteil des Berliner Mauerradwegs, weil sie an den ehemaligen Grenzverlauf an der Bertinistraße und am Neuen Garten anschließt. Michael Cramer, Grünen-Europaabgeordneter und Initiator des Mauerradwegs, freute sich dementsprechend über den Lückenschluss. „Geschichte, Politik, Natur und Kultur“, all das lasse sich auf dem Weg „wunderbar erfahren“, sagte er. Die meisten Touristen kämen wegen der Geschichte nach Potsdam und Berlin, so Cramer. Das zahle sich auch in barer Münze aus. Eine Studie habe ergeben, dass Radfahrtouristen in Europa pro Jahr 44 Milliarden Euro umsetzten – genauso viel wie die Kreuzfahrtbranche. Für jeden in den Radverkehr investierten Euro flössen demnach acht Euro zurück.
2,5 Millionen Euro hat die Stadt für den neuen Uferwegabschnitt ausgegeben. Die Oberfläche besteht aus gleich mehreren Materialien: So wurde das erste, mehrere Hundert Meter lange Teilstück von der Villa Jacobs bis zur neuen Aussichtsplattform gepflastert. An der Plattform, die um mehrere große Bäume herumgebaut ist und die später auch einen Anlegesteg für das Wassertaxi bekommen soll, gabelt sich der Weg. Direkt am Ufer entlang führt durch den Wald ein wassergebundener Weg, der für Spaziergänger gedacht ist. Ein sandfarben asphaltierter Radweg verläuft parallel, aber etwas weiter vom Wasser weg.
Wegen der Lage des Uferwegs – er verläuft unterhalb eines Hangs – seien die Bauarbeiten schwierig gewesen, sagte Müller-Zinsius. Zweimal hätten die starken Regenfälle der vergangenen Woche die Piste überschwemmt. Zudem sei Sand von der Böschung abgerutscht. Teile des Hangs sind derzeit noch unbefestigt, weil oberhalb derzeit die Vorbereitungen für die Bebauung des Plattner-Campus laufen. Wie berichtet werden dort 150 Grundstücke für den Ein- und Mehrfamilienhausbau verkauft. Auch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat eines erworben und errichtet am Jungfernsee seinen Alterssitz.
Ganz fertig ist die Route am Jungfernsee aber noch nicht. Insgesamt 1,2 Kilometer Uferweg, direkt im Anschluss vom jetzt fertiggestellten Abschnitt von der Villa Jacobs bis zum alten Wasserwerksgelände an der Bertinistraße, müssen noch erneuert werden. Die wassergebundene Wegedecke sei in einem desolaten Zustand, sagte Gabriele Schneider vom Fachbereich Grünflächen den PNN. Im Zuge der Erneuerung des Wegs auf einer Breite von 2,50 Metern würde die wassergebundene Decke wahrscheinlich durch Asphalt ersetzt werden. Etwa 250 000 Euro soll das kosten – die Finanzierung ist bislang aber noch unklar. Allerdings hoffe man, dafür Fördermittel zu bekommen, so Schneider.
Bis zum Ende des früheren Wasserwerksgeländes, das heute der Stadt gehört, soll der Uferweg am Wasser entlang geführt werden, danach müssen Radfahrer auch künftig die Bertinistraße nutzen, weil die Ufergrundstücke Privateigentum sind. Dafür soll aber das immerhin 11 500 Quadratmeter große Wasserwerksgelände, auf dem sich unter anderem der unter Denkmalschutz stehende Wachturm der DDR-Grenzer befindet, öffentlich werden. Die Stadt plant dort eine Grünanlage, die nach und nach mit Eigenmitteln gestaltet werden soll.
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