Landeshauptstadt: Unterricht am Hafen
„Vision Summit“: Ideen für die moderne Schule
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Babelsberg - Hat die Schultafel bald ausgedient? Wie wäre es, sich stattdessen als Schüler den Lernstoff selbst im Internet auszuwählen? Wie diese Form neuen Lernens aussehen könnte, beschrieben Teilnehmer der dreitägigen Zukunftskonferenz „Vision Summit“ am Samstag auf dem Uni-Campus in Griebnitzsee. Eine Idee: Wer als Schüler zum Beispiel ein Musikstück der experimentellen Klassik komponieren wolle, könne sich Gleichgesinnte suchen und mit ihnen im Internet zunächst die musiktheoretischen Grundlagen recherchieren, um anschließend selbst eine Komposition zu schreiben.
Diese Art der Eigenkomposition war am Samstag nur eine von mehreren Projekten, die von jugendlichen Tagungsteilnehmern vorgestellt wurden. Das Berliner Genisis-Institut als Veranstalter hatte sich ganz bewusst dafür entschieden, einmal die junge Generation über neue Lernkonzepte nachdenken zu lassen, schließlich wüssten nicht die Erwachsenen, sondern die Jugendlichen selbst am besten, wie sie lernen wollten, sagte Konferenzleiter Peter Spiegel.
Zu der Tagung, an der auch Potsdamer Jugendliche teilnahmen, waren zudem Wissenschaftler sowie zahlreiche Vertreter aus der Wirtschaft eingeladen. Die nach Veranstalterangaben etwa 1200 Teilnehmer tauschten sich auf dem Treffen am Griebnitzsee in Workshops über die Zukunft der Bildung aus. Es war die zweite Konferenz dieser Art in Potsdam,
Die Ideen zur schulischen Bildung, die von den Jugendlichen am Samstag vorgestellt wurden, hatten allesamt gewissermaßen eine Art Eigenkomposition. Und sie machten deutlich: Die Schüler von heute wollen Lerninhalte selbst mitbestimmen. Und sie wollen raus aus dem Schulgebäude, hin zu den Orten, an denen ihr Lernstoff eine praktische Bedeutung erlangt. Vom mobilen Klassenraum war die Rede.
Die Jugendlichen zum Beispiel, die sich in der sogenannten Cloudgruppe Gedanken über die Zukunft des Lernens gemacht hatten, wünschten sich für den Schulunterricht keine Fächer, sondern Thementage. An einem solchen Tag könne man beispielsweise mit dem Schulbus zum Hafen fahren und dort einen Kapitän treffen, der den Schülern dann erklärt, wie das Gepäck einer Übersiedlerfamilie nach Brasilien verschifft werde. So bekäme man sogar einen Einblick in die praktische Seite der Mathematik und würde zugleich einige theoretische Grundlagen erlernen, so die Jugendlichen. Das so erworbene Wissen könnten die Schüler am Ende eines solchen Thementages in ein Heft schreiben und es ihrem Tutor geben. Er schreibe dann vielleicht ein paar Bemerkungen hinein, so die Vorstellungen der „Cloudgruppe“.
Doch warum sprechen die Jugendlichen vom Tutor und nicht vom Lehrer? „Wir brauchen keine Lehrer, die uns sagen, was wir lernen müssen, sondern Tutoren, die uns beim Lernen unterstützen“, meinte Sassia aus Berlin. Zukünftig müsse es mehr darum gehen, dass die Schüler voneinander lernen und der Lehrer sie dabei nur unterstütze, sagte die Abiturientin, die selbst einmal Grundschullehrerin für Deutsch werden möchte. Wissenschaftler hätten festgestellt, dass Kinder „mit 1000 Träumen“ in die Schule kämen, am Ende der Schulzeit aber so ziemlich aller ihrer Träume beraubt seien und oftmals nicht wüssten, was sie werden wollten. Dies solle so nicht bleiben, meinte die 18-Jährige. HC
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