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Aus dem GERICHTSSAAL: Unverhoffte Kettenreaktion

Anklage: Nötigung und Unfallflucht / Gericht sieht geringe Schuld

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Aus dem GERICHTSSAALAnklage: Nötigung und Unfallflucht / Gericht sieht geringe Schuld Bernd P. (37) soll am 21. Februar dieses Jahres mit seinem VW-Kleintransporter zur Mittagszeit einen Citroen ausgebremst und dadurch zum Halten gezwungen haben. Sodann sei er mit erhobenen Fäusten auf dessen Fahrer zugegangen. Dieser – zutiefst erschrocken ob der Drohgebärde – habe instinktiv den Rückwärtsgang seines Gefährts eingelegt und Gas gegeben, um sich der Situation zu entziehen. Dabei soll er ein hinter ihm stehendes Auto touchiert haben. An diesem Punkt des Geschehens – so die Anklage wegen Nötigung und Unfallflucht – habe sich Bernd P. als Verursacher des Schlamassels seelenruhig entfernt. Der vermeintliche Verkehrsrowdy auf der Anklagebank schweigt zum Tatvorwurf. Nun sind die Zeugen gefragt. Citroen-Besitzer Detlef J. (51) vermutet, er sei etwas zu langsam für den Geschmack des hinter ihm befindlichen Transporters gewesen. „Ich suchte eine bestimmte Hausnummer“, begründet der Berliner seine Fahrweise. Er sei sehr erschrocken über die Reaktion des Kleinlaster-Fahrers gewesen. „Nachdem wir beide stoppten, sprang er aus seinem Auto, schimpfte und kam mit geballten Fäusten auf mich zu.“ Wäre er nach vorn ausgewichen, hätte er den Wüterich angefahren. So sei ihm nur die Flucht nach hinten geblieben“, berichtet Detlef J. Vor lauter Panik habe er versäumt, sich zu vergewissern, ob die Straße frei sei. Plötzlich habe er einen Anstoß verspürt und das typische Geräusch vernommen, was unweigerlich ertönt, wenn Blech gegen Blech schrammt. „Es wäre wohl vernünftiger gewesen, die Türen zu verriegeln und die Polizei zu rufen“, schätzt der Hauptstädter aus heutiger Sicht ein. Seine Ehefrau Ilona (49) ergänzt: „Ich hatte den Eindruck, der Lastwagen-Fahrer wollte meinen Mann aus dem Auto ziehen, um ihn zu verdreschen. Mit welchem Recht stellt der sich plötzlich vor uns hin und zwingt uns zum Halten? Er hat damit ja auch die nachfolgenden Fahrzeuge gefährdet.“ Im Gegensatz zu ihrem Gatten ist sich die Erzieherin ganz sicher, dass es sich dabei um den Angeklagten handelte. „Als er bemerkte, dass wir gegen den dahinter stehenden Pkw gerutscht sind, ist er lässig in sein Auto gestiegen und davongedüst.“ Helga R. (56) fuhr mit ihrem Golf zuletzt hinter dem Citroen. Sie hielt rechtzeitig an, beobachtete das Manöver aus einiger Entfernung. „Der Fahrer des VW baute sich in bedrohlicher Haltung vor dem Mann im Citroen auf. Für mich sah es aus, als wolle er ihn für irgend etwas zur Rechenschaft ziehen“, erklärt die Ruheständlerin, die den Angeklagten nicht hundertprozentig mit jenem Vorfall in Verbindung bringen mag. Auf rund 1000 Euro beziffert sie den Schaden, der durch den leichten Zusammenstoß mit dem Citroen entstand. Auch sie bekundet: Der Transporterfahrer bemerkte die Karambolage ebenfalls, dennoch entfernte er sich ungerührt. Das Gericht hegt keine Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten, beziffert dessen Schuld allerdings als gering und stellt das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 1000 Euro ein. Hoga

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