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Aus dem GERICHTSSAAL: Unvermittelter Fausthieb

Polizei vollstreckte anschließend zwei Haftbefehle / Richter: „Noch so ein Ding, und Sie fahren ein.“

Stand:

Als die Handfesseln in der Nacht des 25. April 2009 auf dem Hauptbahnhof klickten und die Polizei Sören S.* (26) eröffnete, dass gegen ihn zwei Haftbefehle vorlägen, die nun vollstreckt würden, bekam der junge Mann weiche Beine. Minuten vorher hatte er sich noch stark gefühlt, soll im Regionalzug einem ihm völlig Unbekannten einen Faustschlag ins Gesicht versetzt haben. „Es war nur eine Schelle mit dem Handrücken“, widerspricht Sören S. – kahlgeschoren und tätowiert – der Anklage. Sein Kumpel Paul* sei mit dem Mann aneinandergeraten. „Keine Ahnung, was die auszufechten hatten. Ich bin aus Reflex dazwischen gegangen. Vielleicht hätte ich mich lieber raushalten sollen“, schätzt der Arbeitslose ein. „Das wäre besser gewesen“, stimmt ihm Amtsrichter Francois Eckardt zu.

Rein rechtlich sei völlig egal, ob Sören S. mit der Faust oder der flachen Hand zudrosch. „Zwei gegen einen ist feige. Der Gesetzgeber nennt so etwas gefährliche Körperverletzung. Die Mindeststrafe dafür liegt bei sechs Monaten“, so der Vorsitzende. Sören S. – vorbestraft wegen vielfachen Schwarzfahrens, Verkehrsdelikten und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln – kommt mit acht Monaten auf Bewährung davon. „Noch so ein Ding, und Sie fahren ein“, warnt der Richter. „Dann sitzen Sie nicht nur die eben verhängten acht Monate ab, sondern auch die Strafe von einem Jahr und vier Monaten für den Rauschgifthandel.“ Ins Gefängnis wolle er auf keinen Fall wieder, beteuert der schmächtige, junge Mann. „Die 86 Tage, die ich wegen nicht bezahlter Geldstrafen absitzen musste, haben mir gereicht. Ich habe während dieser Zeit meine Wohnung verloren. Jetzt bin ich dabei, mein Leben wieder auf die Reihe zu kriegen.“

„Mein Lebensgefährte hat gelacht. In dem Moment kamen zwei Männer vorbei. Einer fragte, warum lachst du? Mein Partner sagte, weil ich ein fröhlicher Mensch bin. Da bekam er einen Faustschlag gegen die Schläfe“, schildert Jessica J.* (21) das Geschehen während der Zugfahrt. Anschließend haute der zweite Mann auch zu, ob mit der Faust oder der flachen Hand weiß ich nicht genau.“ Ihre Freundin Kathleen K.* (28) ergänzt im Zeugenstand: „Mein Bekannter versuchte, den Freund von Jessica zu schützen. Andere Fahrgäste mischten sich ebenfalls ein. Die Polizei wurde alarmiert.“ Ob Sören S. zuerst angriff, ob er den zweiten Schlag führte, vermochten die Zeuginnen nicht zu sagen. „Wir waren so aufgeregt, da haben wir nicht darauf geachtet, wie die Männer aussahen“, begründen sie. „Ich habe als Zweiter geschlagen“, wendet sich der Angeklagte an Jessica J. Bitte richte deinem Freund aus, dass es mir leid tut. Und ich wollte euch auch nicht so erschrecken.“ (*Namen geändert.) Hoga

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