
© Manfred Thomas
Von Juliane Wedemeyer: Urlaub in Zeiten der Krise
Während sich immer weniger Menschen einen Urlaub im Hotelzimmer leisten boomen Ferien auf dem Campingplatz, auch in Potsdam
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Es hat wieder eine Unwetterwarnung gegeben. „Dieses Jahr gibt es ständig welche“, sagt Dieter Lübberding. Mit jeder Unwetterwarnung verliert er Kunden. Dieter Lübberding ist der Chef des Campingparks „Sanssouci“ am Templiner See. Wegen der Warnung sind am Morgen wieder einige Zelter abgereist. Aber das macht nichts. Lübberding lacht. Lübberdings Park ist trotzdem ausgebucht. Alle seine 240 Zelt- und Wohnwagen-Stellplätze sind belegt.
2009 scheint das Jahr der Campingurlaube zu werden. Die 174 Zeltplätze im Land boomen. 137 400 Übernachtungen konnten die Betreiber allein im Mai verbuchen. Das sind über 21 Prozent mehr als im gleichen Monat des vergangenen Jahres. Ist Zelten in Zeiten der Wirtschaftskrise die preisgünstigere Alternative zum Urlaub im Hotel? In den 982 märkischen Hotels jedenfalls ist weit weniger los als noch vor einem Jahr. Die Zahl der Übernachtungen verringerte sich dort um rund vier Prozent auf rund 550 800. In Potsdam konnten die Hotels im Mai nur noch 88 100 Übernachtungen verkaufen – fast neun Prozent weniger als noch im Mai 2008. Insgesamt besuchten die Landeshauptstadt in den ersten fünf Monaten dieses Jahres nur noch 122 200 Gäste. Im gleichen Zeitraum 2008 waren es fast zwölf Prozent mehr.
Am Templiner See ist von Rückgang nichts zu spüren. Rund zwei Prozent mehr Gäste als im vergangenen Jahr habe er, sagt Lübberding. Aber sein Platz, der von verschiedenen Verbänden als einer der zehn besten Deutschlands gewählt wurde, sei jedes Jahr gut besucht. Auch der Sprecher des brandenburgischen Hotel- und Gaststätten-Verbandes, der Potsdamer Gastronom Mario Kade, kann bislang keinen generellen Trend „vom Hotel zum Zelt“ erkennen. Zumal Camping-Urlaub auch nicht unbedingt billig sei. Zumindest nicht, wenn man mit dem Wohnmobil oder dem Wohnwagen unterwegs ist. 31 Euro kostet der Stellplatz bei Lübberding, dazu kommen meist die Mietkosten von rund 100 Euro in der Woche für das Wohnmobil.
Die Wagen und Zelte unter den hochgewachsenen Bäumen stehen dicht nebeneinander. Trotzdem hat jeder Stellplatz sein eigenes Stückchen Wiese. Wenn Lübberding durch seinen Park geht, grüßt er jeden, der entgegenkommt. Meist mit Namen. Dabei bleiben seine Gäste durchschnittlich nur drei Tage. Das sei eben der Vorteil am Campen, man sei flexibel. Kommt ein Unwetter, fährt man weiter in den Sonnenschein. Wobei, „wenn in Deutschland die Sonne scheint, fahren die meisten Camper an die Ostsee“, erklärt der Zeltplatz-Chef. Regnet es, zieht es die Zelter in die Nähe Berlins.
„Wir sind Hobby-Camper“, sagt Charlotte Honervogt. „Aus Überzeugung.“ Sie hat gerade den Klapptisch für das Mittagessen gedeckt. Die frisch pensionierte Lehrerin aus Münster und ihr Mann sind in jedem Sommer mit ihrem Wohnmobil unterwegs. Die Wirtschaftskrise habe nichts damit zu tun. Im Herbst fliegen sie nach Griechenland und im Winter sei eine Nil-Tour geplant. Aber er könne sich vorstellen, dass Campen gerade für Familien mit zwei und mehr Kindern auch eine Frage des Geldes sei. Beim Campen käme eine vierköpfige Familie mit 1500 Euro gut hin. Ein Urlaub mit Flug und Hotel würde dagegen 4000 bis 5000 Euro kosten. Bei den Gehältern heute könnten sich das viele nicht leisten. Vier Köpfe hat auch die Familie von Julia Pflüger. Sie und ihre drei Kinder zelten allerdings schon jahrelang. Nicht erst seit die Wirtschaft kriselt. Ein Zeltplatz kostet in Potsdam 21,40 Euro. Julia Pflüger ist gerade angekommen, die beiden Zelte – eins für sie, eins für die Kinder – hat sie schon aufgebaut. Gerade nestelt sie an ihrer Schlafmatte herum. Ihre Kinder sind schon im Wasser. Die achtjährige Lilly watet mit Frosch-Taucherbrille und Kescher durchs Wasser, ihr siebenjähriger Bruder isst mit Hingabe Sand und die vierjährige Lucy planscht im Flachen.
Lübberding scherzt kurz mit der Mutter und geht zurück zur Rezeption. Dort am Park-Eingang steht auch die Tafel mit dem Wetterbericht. 23 Grad sollen es am nächsten Tag werden. Regenwahrscheinlichkeit nur fünf Prozent. Egal, wie das Wetter wird, der Campingplatz wird voll bleiben. Vor dem Tor stehen schon wieder zwei neue Wohnmobile .
Juliane Wedemeyer
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